Gewählte Publikation:
Skocajic, J.
Autonomes Nervensystem und COVID-19
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] 1; 2024. pp. 72
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Grote Vincent Thomas
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Moser Maximilian
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung: Das autonome Nervensystem (ANS) stellt eine komplexe Verbindung zwischen dem zentralen Nervensystem (ZNS) und nahezu allen Organen her und steuert die überlebensnotwendigen Grundfunktionen des Körpers. Das ANS beeinflusst auch das Immunsystem und übt über den Parasympathikus eine entzündungseindämmende Wirkung aus, welche jedoch durch pathophysiologische Prozesse gestört werden kann. SARS-CoV-2 kann bei Patient*innen mit schwerem Krankheitsverlauf in einer unkontrollierten Entzündungsreaktion resultieren. Es gibt Hinweise darauf, dass SARS-CoV-2 zentrale Bereiche schädigen kann, die die Zellkörper der parasympathischen und sympathischen Neurone enthalten und somit Einfluss auf eine gestörte autonome Funktion nehmen könnte. Außerdem können während einer Covid-19-Infektion kardiovaskuläre Komplikationen beobachtet werden, die sich wiederum auf das kardiale vegetative Nervensystem auswirken können und mit einer niedrigeren Herzratenvariabilität einhergehen.
Methoden: Der vorrangige Zweck dieser Diplomarbeit besteht darin, die Grundlagen der autonomen Regulation zu beschreiben und den gegenwärtigen Kenntnisstand bezüglich der Miteinbeziehung des autonomen Nervensystems (ANS) während der akuten COVID-19-Infektion zusammenzufassen, unterstützt durch Pilotdaten, welche die Untersuchung des prognostischen Wertes der ANS-Beteiligung, ermittelt durch Messungen der Herzratenvariabilität (HRV), und der Rolle der unterschiedlichen autonomem Parameter bei der Vorhersage einer SARS-CoV-2-Infektion ermöglichen. Daten von 15 Patient*innen wurden zwischen April und Juni 2020 im Klinikum Klagenfurt am Wörthersee erhoben und statistisch ausgewertet. Es handelt sich hierbei um eine explorative Studie mit Real-World-Daten, deren Hypothesen sich aus den Möglichkeiten des Datensatzes ergeben.
Ergebnisse: Es zeigt sich, dass Covid-19-Infizierte in den ersten 14 Tagen ab Symptombeginn eine signifikant niedrigere low-frequency power (lnLFrr) der HRV aufweisen als Gesunde. Signifikante Abnahmen in der Standardabweichung der normalen RR-Intervalle (SDNN) und der high-frequency power (lnHFrr) der Herzratenvariabilität können erst im späteren Erkrankungsstadium (≥ 29 Tage) festgestellt werden. Die SDNN ist in diesem Zeitraum im Vergleich zu gesunden Probanden um 40,3% und die lnHFrr um 26,2% reduziert. Vergleicht man die Erkrankten untereinander, indem man die Längen der individuellen Krankenhausaufenthalte berücksichtigt, zeigt sich, dass es signifikante Unterschiede in den HRV-Parametern zwischen den Patientengruppen gibt, die einen kurzen (≤ 14 Tage) oder mittleren (15-28 Tage) stationären Aufenthalt benötigen und denen, die auf eine lange (≥ 29 Tage) Hospitalisation angewiesen sind. Bei den lange Hospitalisierten und somit schwerer Erkrankten kann im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen eine signifikante Reduktion der SDNN und lnHFrr als auch ein signifikanter Anstieg der Herzfrequenz beobachtet werden.