Medizinische Universität Graz Austria/Österreich - Forschungsportal - Medical University of Graz

Logo MUG-Forschungsportal

Gewählte Publikation:

Gruber, T.
Wie viele Frauen in Österreich sind von female genital mutilation/cutting (FGM/C) betroffen? Schätzung aufgrund einer Analyse einer 11-jährigen Geburtskohorte in Graz
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2024. pp. 95 [OPEN ACCESS]
FullText

 

Autor*innen der Med Uni Graz:
Betreuer*innen:
Tamussino Karl
Taumberger Nadja
Altmetrics:

Abstract:
Einleitung: Erfahrung in der Betreuung von Frauen mit weiblicher Genitalverstümmelung (female genital mutilation/cutting, FGM/C) ist in Österreich begrenzt. Gerade diese Frauen benötigen jedoch eine spezialisierte gynäkologische und geburtshilfliche Betreuung. In der Steiermark gibt es derzeit weder eine offizielle Beratungsstelle noch speziell geschultes medizinisches Personal, das auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen nach FGM/C eingeht. Ziel dieser Studie war es, die Anzahl an Geburten durch von FGM/C betroffene Frauen an der Grazer Frauenklinik zu schätzen, um den potenziellen Bedarf an geburtshilflicher Versorgung von Frauen nach FGM/C in unserer Region zu ermitteln. Methodik: Wir untersuchten alle Geburten am LKH-Universitätsklinikum Graz von 2010-2020 im Hinblick auf den Geburtsort und/oder die Nationalität der Mutter, um Entbindungen von Frauen aus einem Land mit bekannter FGM/C-Prävalenz herauszufiltern. Wir überprüften, ob FGM/C dokumentiert wurde und verglichen die Ergebnisse mit der erwarteten FGM/C-Rate basierend auf der Globalen Datenbank von UNICEF (1). Weiters erhoben wir Daten zum Geburtsverlauf und peripartalen Komplikationen. Ergebnisse: Im Untersuchungszeitraum gab es insgesamt 35.628 Entbindungen, von denen 856 (2,41%) Geburten auf Frauen aus einem Land mit bekannter FGM/C-Prävalenz entfielen. Am häufigsten stammten die von FGM betroffenen Frauen aus unserem Kollektiv aus Ägypten, Nigeria, Irak, Ghana und Somalia. Wir fanden lediglich 22/856 (2,6%) dokumentierte FGM/C-Fälle bezogen auf die Entbindungen und 17/539 (3,2%) dokumentierte Fälle bezogen auf die Frauen. Die geschätzte FGM/C-Rate betrug 318/856 (37,1%). Der Entbindungsmodus bei Frauen aus unserem Studienkollektiv war mit 55% eine Spontangeburt, mit 4,9% eine assistierte vaginale Geburt und mit 40,1% ein Kaiserschnitt. Mehr als 90% der Frauen aus Ländern mit FGM/C-Prävalenz waren bereits vor der Entbindung an der Grazer Frauenklinik vorstellig. Diskussion: Die große Diskrepanz zwischen der dokumentierten und der erwarteten FGM/C-Rate (2,6% vs. 37%) in unserem Kollektiv deutet darauf hin, dass die meisten Fälle von FGM/C bei Frauen, die in unserer Region entbinden, unerkannt bleiben. Diese Daten zeigen einen Bedarf an speziellen Schulungen für Geburtshelfer und gezielten Anlaufstellen für die betroffenen Frauen. (1) UNICEF. UNICEF global databases 2020, based on Demographic and Health Surveys (DHS), Multiple Indicator Cluster Surveys (MICS) and other nationally representative surveys. 2020; Available at: https://data.unicef.org/topic/child- protection/female-genital-mutilation/.

© Med Uni Graz Impressum