Gewählte Publikation:
Weingerl, S.
Auswirkung von Hitze auf Alignerschienen – eine in-vitro-Studie
Zahnmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2023. pp. 81
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Pichelmayer Margit
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung:
Die vorliegende Studie ist Teil eines Großprojektes zwischen dem Department für Kunststofftechnik der Montanuniversität Leoben und der klinischen Abteilung für orale Chirurgie und Kieferorthopädie der Universitätszahnklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit Graz. Es wurde in diesem Rahmen ein neu entwickeltes 3D-druckfähiges Harz, welches zur direkt additiven Herstellung kieferorthopädischer Umstellungsschienen (Aligner) geeignet ist, untersucht.
Es wurden die Eigenschaften der 3D-gedruckten Schienen der aktuellen Formulierung (4. Generation ohne Lack) in Bezug auf Hitzeeinwirkung, wie es der Fall beim Konsum von Heißgetränken ist, geprüft. Als Vergleichsgruppen wurden tiefgezogene Clear Aligner® (einschichtiges PET-G) und Clear Aligner Pro® (ABA-Dreischichtfolie; A = Copolyester, B = thermoplastischer Elastomerkern) herangezogen.
Material und Methode:
Für jede der drei Vergleichsgruppen wurden je 15 Aligner hergestellt. Vor dem eigentlichen Start der Musszyklen folgte als erstes eine Trockenmessung, bei der alle Aligner in ein 70°C warmes Becken getaucht wurden. Danach wurden die Aligner auf Malokklusionsmodellen mit fehlgestelltem Zahn 11 in Speichelersatzmaterial bei 36,5°C gelagert (= Mundsimulation). Auch das Messmodell war ein Malokklusionsmodell mit dem gleichen Ausmaß der Fehlstellung am Zahn 11 von 0,5mm in labialer Richtung.
Jede Schiene wurde für 5 Tag zweimal täglich im Abstand von 4 Stunden getestet. Zwischen den Messzyklen wurden die Schienen im Lagerungsbecken aufbewahrt. Die erste Feuchtmessung fand nach zweistündiger Lagerung im künstlichen Speichel statt.
Ergebnisse:
Bei jedem Messzyklus wurden pro Schiene 30 Messwerte aufgezeichnet. Daher waren 330 Messwerte pro Schiene das Maximum, das sie erreichen konnten. Aus diesen wurde je ein Mittelwert errechnet und mit den anderen Werten der Vergleichsgruppen verglichen. Einerseits wiesen alle drei Gruppen bei der Trockenmessung sehr hohe Ausgangswerte auf, die alle durch die Hitzeeinwirkung und Lagerung im erwärmten Speichelersatzmaterial, sofort und irreversibel reduziert wurden. So waren die Werte nach der ersten zweistündigen Lagerungsphase bei den tiefgezogenen Schienen bereits auf ein Drittel der Kraft gesunken. Die Kraft der 3D-gedruckten Schienen hat sich im Mittel um das 12-fache reduziert. Bei der zweiten Feuchtmessung kam es zu einem weiteren deutlichen Kraftverlust bei allen drei Vergleichsgruppen. Anschließend haben sich die Kraftwerte eingependelt und nicht mehr wesentlich verändert. Die tiefgezogenen Schienen der Firma Scheu-Dental GmbH waren spätestens nach vier Feuchtmessung irreversibel geschädigt, sodass keine weitere Aufzeichnung von Messwerten mehr möglich war. Die 3D-gedruckten Schienen hingegen konnten alle Messungen durchlaufen.
Diskussion:
Alle drei Vergleichsgruppen zeigten zu Beginn (dies würde dem ersten Einsetzen der Schienen in den Mund der Patient*innen zu Beginn jeder Schienenphase entsprechen) erschreckend hohe Kraftwerte. Nach dem ersten „Heißgetränk“ ist die Kraft allerdings um ein Vielfaches gefallen. Weil sich diese auch nicht wieder regeneriert hat, wird davon ausgegangen, dass die Hitzeeinwirkung beim Konsum eines Heißgetränkes oder einer heißen Speise massive Auswirkungen hat und zur Zerstörung der Schienen führt. Spätestens nach der 4. Messung war es bei keiner der tiefgezogenen Schienen möglich, Kraftwerte zu messen.
Die 3D-gedruckten Schienen konnten bis zum Ende an allen Messzyklen teilnehmen, da sie von Anfang an eine größere Grundspannung aufgrund zu starker Polymerisationsschrumpfung aufwiesen.
Schlussfolgerung:
Die Studie hat gezeigt, dass der Konsum von heißen Getränken bei im Mund liegenden Alignern absolut kontraindiziert ist.