Gewählte Publikation:
Ringel, J.
Präoperative Gerinnungsdiagnostik bei Kindern vor Tonsillektomie, Tonsillotomie und/oder Adenotomie – Standardisierter Anamnesefragebogen und Routinelabor im retrospektiven Vergleich
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2023. pp. 81
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Thurnher Dietmar
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Weiland Thomas
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung und Fragestellung:
Die Tonsillektomie, die Tonsillotomie und die Adenotomie zählen zu den Operationen im Kindesalter, die ein erhöhtes Nachblutungsrisiko aufweisen. Ziel dieser retrospektiven Studie war es, einen standardisierten Gerinnungsfragebogen hinsichtlich der präoperativen Einschätzung des Blutungsrisikos der bisherigen laborchemischen Routinegerinnungsdiagnostik gegenüberzustellen.
Methoden:
In die Studie wurden 162 von 280 konsekutiv erhobenen Kindern im Alter von 0 bis 16 Jahren eingeschlossen. Die Kinder wurden im Zeitraum vom 02.05.2020 bis 10.03.2021 operiert. Als Einschlusskriterium musste sowohl der standardisierte Gerinnungsfragebogen, ausgefüllt für das Kind und beide biologische Eltern, als auch das Routinegerinnungslabor (Prothrombinzeit, International Normalized Ratio, aktivierte partielle Thromboplastinzeit, Thrombozyten) vorliegen. Patient*innen mit vorbekannten Koagulopathien wurden von der Studie ausgeschlossen.
Ergebnisse:
Bei 10 (6,2 %) der 162 Patient*innen (Alter: 5,49 ± 2,54 Jahre, 57 [35,2 %] weiblich) kam es zu einer postoperativen Blutung. Bei 8 von 10 (80,0 %) Nachblutungen war die präoperative Gerinnungsanamnese auffällig. Die Werte des Gerinnungslabors lagen bei allen 10 Nachblutungen innerhalb ihres Referenzbereichs. Die Gerinnungsanamnese zeigte eine höhere Sensitivität (80,0 %), einen höheren positiven prädiktiven Wert (13,6 %) und einen höheren negativen prädiktiven Wert (98,1 %) als das Routinelabor. Die laborchemische Analyse wies eine höhere Spezifität (99,3 %) auf. Es fand sich ein signifikanter Unterschied der INR zwischen der Gruppe, die nicht nachgeblutet hatte (1,00 ± 0,06) und der Gruppe mit postoperativer Blutung (1,05 ± 0,07; p = 0,034).
Schlussfolgerung:
Zur präoperativen Einschätzung des Blutungsrisikos ist eine standardisierte Gerinnungsanamnese von Kind und Eltern dem bisherigen Routinelabor vorzuziehen. Bei unauffälliger Anamnese kann auf ein Gerinnungslabor verzichtet werden. Inwieweit bei auffälliger, unvollständiger oder zweifelhafter Anamnese eine umfassendere laborchemische Gerinnungsabklärung einzuleiten ist, bedarf weiterer Evaluation.