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Selected Publication:

Poelzer, D.
Psychopharmaka als Therapieoption beim Reizdarmsyndrom
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2022. pp. 58 [OPEN ACCESS]
FullText

 

Authors Med Uni Graz:
Advisor:
Luschnig Petra
Altmetrics:

Abstract:
EINLEITUNG Das Reizdarmsyndrom (RDS), gekennzeichnet durch Stuhlunregelmäßigkeiten, Bauchschmerzen und Blähungen, gehört mit einer Prävalenz von ca. 11,2% zur häufigsten funktionellen intestinalen Störung. Meist sind Frauen von dieser Erkrankung betroffen. Die Diagnose Reizdarmsyndrom wird, aufgrund fehlender aussagekräftiger Biomarker, nach Ausschluss relevanter Differentialdiagnosen und typischer Anamnese gestellt. Viszerale Hypersensitivität, intestinale Dysbiose, durchgemachte Darminfekte, Motilitätsstörungen, erhöhte intestinale Permeabilität, Geschlechtshormone, genetische Prädisposition und erhöhte Stresslevel scheinen eine Rolle in der Pathogenese von RDS zu spielen. Angst- und depressive Störungen kommen bei RDS-Patient*innen häufig vor. Eine Standardtherapie für RDS existiert aufgrund seiner Heterogenität nicht und orientiert sich, neben individuellen Maßnahmen, nach den subtyp-spezifischen Symptomen. Niedrigdosiert sollen verschiedene Wirkstoffgruppen wie trizyklische Antidepressiva (TZA), selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder selektive Serotonin und Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) zu einer Linderung der Symptome beitragen. Dennoch ist ihr Stellenwert bei RDS noch nicht zur Gänze geklärt. METHODEN Eine Literaturrecherche wurde in den Datenbanken Pubmed, UptoDate und Google Scholar durchgeführt, um die aktuelle Studienlage bezüglich des Einsatzes von Antidepressiva beim Reizdarmsyndrom beurteilen zu können. ERGEBNISSE Antidepressiva stellen eine mögliche Therapieoption beim Reizdarmsyndrom dar. 6 Metaanalysen, 28 Studien, drei Fallberichte und insgesamt 2018 Proband*innen wurden in dieser Arbeit analysiert. Die Studien beschäftigten sich mit TZA (n=14), SSRI (n=7), SSNRI (n=5) und Mirtazapin (n=2). TZA: Bei 12 der 14 Studien (insgesamt 1398 Studienteilnehmer*innen) konnte ein Therapieerfolg verzeichnet werden, wobei Amitriptylin (n=6) die am besten untersuchte Substanz darstellt. Besonders RDS-Patient*innen mit Diarrhö kann diese Wirkstoffklasse empfohlen werden. SSRI: 3 von 7 Studien (insgesamt 397 Studienteilnehmer*innen) konnten einen Benefit auf die RDS-Symptomatik vorweisen. Paroxetin und Fluoxetin waren die wirksamsten Substanzen unter den SSRIs, während Citalopram als einzige Substanz dieser Arbeit keine positiven Effekte nachweisen konnte. SSNRI: Alle 5 Studien, davon 4 (insgesamt 140 Proband*innen) mit Duloxetin und eine mit Venlafaxin, erwiesen sich als wirksam. Die meisten Patient*innen mit komorbiden Depressionen oder Angststörungen befanden sich in den SSNRI-Studien. Mirtazapin: Neben seiner Funktion als Antidepressivum, spielt Mirtazapin auch als 5-HT3-Rezeptorantagonist, vor allem bei Patient*innen mit RDS-Diarrhö eine Rolle. Diese positiven Wirkungen auf die psychopathologischen und gastrointestinalen Beschwerden konnten in zwei Studien mit 83 Teilnehmer*innen bestätigt werden. DISKUSSION Antidepressiva, allen voran TZA und SSNRIs, konnten einen positiven Effekt auf die Symptome des Reizdarmsyndroms erzielen. Die Effektivität der SSRIs scheint bei obstipationsdominanten RDS-Patient*innen gegeben zu sein, wenn auch nur bedingt. Dennoch werden weitere große randomisiert kontrollierte Studien benötigt, um den sicheren und wirksamen Einsatz der Antidepressiva, in Anbetracht ihrer Nebenwirkungen, in der Therapie des Reizdarmsyndroms gewährleisten zu können.

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