Gewählte Publikation:
Hohm, L.
Auswirkungen von Alpha2-Agonisten auf die GI-Motilität anhand von Meerschweinchen-Experimenten im Hinblick auf die Bedeutung für die Intensivmedizin
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2022. pp. 61
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Bornemann-Cimenti Helmar
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Schörghuber Michael
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung: Alpha2-Agonisten werden häufig zur Sedierung von intensivmedizinisch betreuten Patienten und Patientinnen verwendet. Da bereits fundiertes Wissen über die eingeschränkte Physiologie des Magendarmtraktes bei Schwerstkranken besteht, ist es das Ziel dieser Arbeit, Auswirkungen dieser Medikamentengruppe auf die Darmmotilität aufzuzeigen. Dazu wurden Ergebnisse von in vitro Experimenten an Meerschweinchendärmen verwendet und zusätzlich die Ergebnisse mit bereits vorhandener Literatur verglichen sowie die Relevanz für die intensivmedizinische Therapie herausgearbeitet.
Methoden: Für die Versuche wurden Meerschweinchen euthanasiert und die Därme entnommen. Nachdem diese gereinigt und zugeschnitten wurden, erfolgte die Installation der Versuche in einem Bad mit Tyrode-Lösung. Die Versuche wurden mit Clonidin – einem unspezifischen Alpha2-Agonisten – und Dexmedetomidin – einem hochselektiven Alpha2-Agonisten – durchgeführt. Die Dünndarmsegmente wurden durch eine Rollerpumpe intraluminal perfundiert, um einen kontinuierlichen aboralen Druck von 5cm Wassersäule aufzubauen. Alsdann wurden Clonidin oder Dexmedetomidin in verschiedenen Konzentrationen zugegeben, wobei für jede Substanz ein anderes Segment verwendet wurde. Die Konzentration wurde nach jedem Versuchsdurchlauf durch weitere Zugabe der Substanz erhöht. Der intraluminale Druck und seine Änderungen durch Kontraktionen wurden durch einen Druckwandler und einen Verstärker gemessen und digital aufgezeichnet. Jedes Segment war seine eigene Kontrolle. In die Dickdarmsegmente wurde ein Holzpellet eingelegt, welches durch konzentrische Propulsionen vom oralen Ende zum aboralen Ende des Segments bewegt wurde. Aus dieser Zeit wurde die Transitgeschwindigkeit berechnet. Nach Zugabe von Clonidin und Dexmedetomidin wurden die Geschwindigkeiten mit der Base verglichen. Für die Statistik wurde für beide Versuche eine ANOVA für Messwiederholungen verwendet.
Ergebnisse: Für die Dünndarmsegmente konnte eine statistisch signifikante dosisabhängige Hemmung der Peristaltik durch beide Alpha-Agonisten gezeigt werden. Dabei war der Effekt von Dexmedetomidin signifikant höher als der von Clonidin.
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Bei den Versuchen am Colon zeigte sich eine statistisch signifikante Hemmung der Peristaltik durch 3 nm Clonidin und 0,3 nm Dexmedetomidin. Dabei gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Substanzen.
Schlussfolgerung und Diskussion: Die Daten zeigen eine eindeutige dosisabhängige Hemmung der Peristaltik im Dünn- und Dickdarm. Die Betrachtung der Ergebnisse dieser Arbeit sollte mit Beachtung einiger Limitationen erfolgen. Der Versuchsaufbau macht es möglich, die Peristaltik ohne Beeinflussung von zentralen und gefäßbezogenen Wirkungen der Alpha2-Agonisten zu betrachten. In vivo muss allerdings mit zentralen Effekten und der vasoaktiven Wirkung von Clonidin und Dexmedetomidin gerechnet werden. Die Zusammenschau der Studien an anderen Spezies lässt vermuten, dass Rezeptorlokalisation, -verteilung und -wirkung sich innerhalb von Säugetieren unterscheiden. Klinische Studien mit Alpha-Agonisten zeigen inhomogene Ergebnisse, was vermuten lässt, dass bei Patienten und Patientinnen mit gewissen Pathologien die positiven Wirkungen der Pharmaka überwiegen könnte. Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass weitere Studien notwendig sind, um die Erkenntnisse für die Therapie kritisch Kranker anwenden zu können.