Selected Publication:
Paunger, M.
Myokardiale Schädigung als Folge einer SARS-CoV-2 Infektion
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2022. pp. 76
[OPEN ACCESS]
FullText
- Authors Med Uni Graz:
- Advisor:
-
Fruhwald Friedrich
- Altmetrics:
- Abstract:
- Hintergrund: Der erste Fall einer Infektion mit dem bis dato unbekannten SARS-CoV-2 Virus trat im Dezember 2019 in Wuhan auf. Von da an breitete sich das Virus rasant aus und führte so zu einer Pandemie, die das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen stellte. Über 416 Millionen Menschen weltweit haben sich bereits mit dem Virus infiziert und mehr als 5,8 Millionen Menschen sind in Folge einer COVID-19 Erkrankung verstorben (WHO, Stand 17. Februar 2022).
Wie sich schnell herausstellte bleibt eine SARS-CoV-2 Infektion nicht nur auf den Respirationstrakt beschränkt, sondern kann zu einer Multisystemerkrankung führen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch das Herz-Kreislaufsystem, insbesondere die Schädigung von Herzmuskelgewebe und dessen Auswirkung auf das Outcome von Patient*innen. Ziel dieser Arbeit ist es, die möglichen Pathomechanismen zu beleuchten, die hinter dieser myokardialen Schädigung bei COVID-19 Patient*innen stecken und einen Überblick über die aktuelle Studienlage zu schaffen.
Methodik: Im Rahmen der Diplomarbeit wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, wobei hauptsächlich die medizinische Datenbank Pubmed und die Literatur-Suchmaschine Google Scholar genutzt wurden. Um themenbezogene Literatur zu finden wurden u. a. Begriffe wie „SARS-CoV-2“ oder „COVID-19“ in Verbindung mit „myocardial injury“, „cardiac biomarkers“, „myocarditis“, „cardiac sequelae“, „cytokin storm“ oder „coagulopathy“ gesucht. Für aktuelle Empfehlungen und Leitlinien wurden die Webseiten verschiedener Fachgesellschaften genutzt.
Ergebnisse: Erhöhte kardiale Biomarker als Ausdruck einer myokardialen Schädigung während einer SARS-CoV-2 Infektion sind ein häufiger Befund bei COVID-19 Patient*innen und werden mit einem schweren Krankheitsverlauf und erhöhter Mortalität assoziiert. Verschiedene Auslöser werden diskutiert, die für diese Myokardschädigung verantwortlich sein könnten.
ACE2 dient als Rezeptor für die Bindung von SARS-CoV-2 an die Oberfläche der Zielzelle und wird zum Teil auch von Kardiomyozyten exprimiert. Im Allgemeinen scheint die Vulnerabilität von Kardiomyozyten für eine direkte Infektion mit SARS-CoV-2 jedoch gering. Während die Rate an COVID-19 assoziierten Myokarditis Fällen in der Literatur hoch ist, wurde die Diagnose in den meisten dieser Fälle jedoch allein anhand von erhöhten kardialen Biomarkern oder Veränderungen im EKG, Echokardiografie oder CMR gestellt. Eine EMB mit anschließender Gewebediagnose erfolgte nur in den wenigsten Fällen, wobei sich hier eine deutlich geringere Prävalenz einer Herzmuskelentzündung zeigte.
Neben direkten Mechanismen werden auch indirekte Mechanismen diskutiert, die möglicherweise bei der Entstehung myokardialer Schädigung bei COVID-19 Patient*innen mitwirken. So etwa zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der systemischen Entzündung, die Gerinnungsanomalien auslösen kann, und der Entstehung myokardialer Schädigung.
Des Weiteren offenbarten Follow-Up Untersuchungen genesener COVID-19 Patient*innen mittels CMR eine anhaltende myokardiale Entzündung und eine Vielzahl von Patient*innen berichteten über anhaltende körperliche Beschwerden, auch Wochen und Monate nach der Infektion ("long COVID").
Schlussfolgerung: Da SARS-CoV-2 erst Ende 2019 entdeckt wurde, fehlen derzeit noch langjährige Studienergebnisse und eine Vielzahl von Fragen können zum heutigen Stand noch nicht abschließend geklärt werden. Am ehesten ist die myokardiale Schädigung die Folge eines Zusammenspiels aus direkter viraler Infektion, systemischen Entzündungsprozessen und Gerinnungsanomalien, wobei diese Mechanismen von Patient*in zu Patient*in variieren können. In vielen Fällen scheint die kardiale Beteiligung ein Ausdruck der systemischen Organdysfunktion zu sein, die durch eine Infektion mit SARS-CoV-2 ausgelöst werden kann. Eine Myokardschädigung als primäre Manifestation der Erkrankung hingegen scheint selten.