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Gewählte Publikation:

Rezar, T.
Protonenpumpenhemmer Kritische Betrachtung der Therapie mit Fokus auf Neben und Wechselwirkungen
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2022. pp. 64 [OPEN ACCESS]
FullText

 

Autor*innen der Med Uni Graz:
Betreuer*innen:
Beubler Eckhard
Lippe Irmgard Theresia
Altmetrics:

Abstract:
Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) zählen in der modernen Medizin zu einer der häufigsten verschriebenen Medikamentengruppe weltweit. Mit linear ansteigenden jährlichen Verordnungen wurde im Jahr 2016 ein Höchstwert von fast vier Milliarden Tagesdosen erreicht. Im Gegensatz dazu konnte jedoch keine Zunahme zugrundeliegender Erkrankungen festgestellt werden, die den Therapieeinsatz rechtfertigen. Aufgrund oft unzureichender Indikationsstellung und vielfach unreflektiertem Fortsetzen einmal begonnener Therapien erfolgt ein beachtlicher Anteil der Medikamenteneinnahmen ohne empirische Grundlage. Da diese Wirkstoffe ein sehr geringes Nebenwirkungsspektrum aufweisen wird dieses Thema jedoch sehr häufig stiefmütterlich behandelt. Aufgrund zahlreicher Studien und jahrelanger klinischer Erfahrung sind die Indikationen für einen Therapiebeginn mit einem PPI klar formuliert und sollten bei Verordnung, wie bei jeder anderen Medikation auch, geprüft und Dosis sowie Therapiedauer entsprechend gewählt werden. Da die Magensäure mehrere physiologische Funktionen erfüllt, ist nachvollziehbar, dass eine mittel- oder längerfristige Suppression weiterführende Auswirkungen auf das physiologische Milieu eines Individuums hat. Die PPI hemmen die Wirkung der H+/K+-ATPase, die den Austausch von Kalium gegen Protonen ermöglicht und dadurch den pH-Wert der Magensäure bestimmt. Nach einer vollständigen Hemmung kann die Protonenpumpe nicht mehr regenerieren und eine erneute Produktion der Magensäure kann erst wieder nach etwa 24 Stunden erfolgen. Erkrankungen, wie z.B. peptische Ulcera, Helicobacter Pylori-Eradikationen oder gastroösophagealer Reflux, erfordern eine vorrübergehende Säurehemmung, um Symptome zu lindern bzw. eine Abheilung zu ermöglichen. Weitere Nebenwirkungen sind durch die Veränderungen physiologischer Prozesse durch die Hemmung der Säureproduktion erklärbar. So kann es beispielsweise zu 5 verminderter Resorption von Vitaminen und Spurenelementen kommen. Andererseits gibt es Hinweise, dass die dauerhafte Hemmung der Magensäure die Entstehung von Pneumonien begünstigen und möglicherweise zur Entstehung chronischer Erkrankungen wie Demenz, Magen-Karzinomen, Osteoporose oder einer Niereninsuffizienz beitragen kann. PPIs werden, wie auch zahlreiche andere Medikamente, über das CYP450 EnzymSystem metabolisiert. Diese Tatsache lässt auf diverse Wechselwirkungen mit anderen Substanzen schließen, die durch dasselbe Enzymsystem metabolisiert werden. Durch veränderte pharmakokinetische Eigenschaften kann weiterführend auch die Wirkstärke und -dauer einer Medikation beeinflusst werden. Die Neben- und Wechselwirkungen durch eine PPI Dauertherapie werden sowohl von Ärztinnen als auch von Patientinnen angesichts der guten Verträglichkeit immer wieder vernachlässigt beziehungsweise auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen nicht auf die PPI-Therapie zurückgeführt. Auch das Beenden einer zeitlich begrenzten PPI-Therapie sollte bedacht erfolgen, da durch abruptes Absetzen häufig ein „Rebound-Phänomen“ eintritt. Durch plötzlichen Wegfall der Suppression kommt es zu einer überschießenden Säuresekretion und dadurch zu neuerlichen (dyspeptischen) Beschwerden und führt vielmals zum Wiederbeginn der PPI-Therapie. Diverse Studien der letzten Jahre haben jedoch aufgezeigt, dass eine Dauertherapie mit PPI häufig mehr unerwünschte Wirkungen als Benefits für die PatientInnen bringen.

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