Gewählte Publikation:
Thranitz, K.
Effekte des Short-term Fasting und Fasting-mimicking Diets auf Patientinnen und Patienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2021. pp. 101
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Beubler Eckhard
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Lippe Irmgard Theresia
- Altmetrics:
- Abstract:
- Gesunde Zellen verfallen in Zell- und Tierversuchen unter Nährstoffdeprivation in einen zytoprotektiven Stoffwechsel, während bei malignen Zellen die Schwächung einiger ihrer Schutzmechanismen beobachtet wird. Im Zell- und Tierversuch führt Nähstoffdeprivation zu einer erhöhten Überlebensrate nach hochdosierter Chemotherapeutikaapplikation. Short-term Fasting (STF) und Fasting-mimicking Diets (FMDs) verursachen deutliche metabolische Veränderungen. Die Frage ist, ob durch STF oder FMDs ein Vorteil für Patienten, die einer Chemotherapie unterzogen werden, erwächst.
Diese Diplomarbeit soll unter Zusammenfassung von Grundlagen, anhand von Beispielen ausgewählter Zell- und Tierversuche, sowie rezenten klinischen Studien einen Überblick über den aktuellen Wissensstand geben, ob es Patienten bei spezifischen Tumorerkrankungen von Nutzen sein kann, eine Chemotherapie in Kombination mit STF oder FMDs anzuwenden.
Aufgrund gesichteter Ergebnisse aus Zell- und Tierversuchen wurde bezüglich klinischer Studien eine stärkere Gewichtung auf STF als auf FMDs gelegt.
Für die Literaturrecherche wurde die Datenbank Pubmed, sowie Fachbücher und Fachzeitschriften verwendet.
Gesunde Zellen werden im Zellversuch unter Nährstoffrestriktion resistenter gegen Chemotherapeutika. Antioxidative Signalwege werden verstärkt, Autophagie und die DNA-Reparatur angeregt. Pankreaskarzinomzellen werden im Zellversuch unter Nährstoffdeprivation besonders sensibel für Redox-System-Inhibitoren. Dies weist darauf hin, dass Nährstoffdeprivation die hoch entwickelten Redox-Systeme von Krebszellen empfindlich stört, was bei gesunden Zellen nicht der Fall ist. Eine Ursache könnte ein Mangel an Edukten der GSH-Synthese, also den Aminosäuren Gln, Gly und Cys sein. Ob entsprechend niedrige Spiegel dieser Aminosäuren durch Fasten oder Nahrungsdeprivation beim Menschen erreicht werden können ist bisher ungeklärt. An Mäusen konnte eine deutliche Steigerung des Überlebens nach Verabreichung einer einmaligen High-Dose-Chemotherapie nach 60-stündiger Short-term Starvation vor der Injektion nachgewiesen werden. Das Ausmaß der Schutzwirkung scheint mit dem Absinken bestimmter Signalmoleküle wie IGF-1 zu korrelieren. Eine Senkung der IGF-1-Baseline um ca. 70 % konnte möglicherweise im Tierversuch einen signifikanten Schutz gesunder Zellen vor Toxinen anzeigen.
Klinische Studien zeigen ein gemischtes Bild bezüglich des Ausmaßes der Verbesserung des Nebenwirkungsschemas durch STF oder FMDs unter Chemotherapie und können die Ergebnisse aus Zell- und Tierversuchen bezüglich protektiver Effekte nicht im selben Ausmaß bestätigen. Die bisherigen Studienmodelle waren sehr unterschiedlich strukturiert. Die Fastendauer vor der Chemotherapieanwendung, als auch die erlaubte Kalorienaufnahme unterschieden sich deutlich voneinander. γ-H2AX- und Comet-Assay-Messungen weisen auf einen DNA-protektiven Effekt des Kurzzeitfastens während und nach einer chemotherapeutischen Behandlung hin. Dessen Ausmaß steigt wohl mit der Fastendauer vor der Chemotherapieapplikation. Ein protektiver Effekt auf das Knochenmark ist wahrscheinlich. In einzelnen Studien konnten unter anderem Nausea, Erbrechen, Diarrhö durch STF signifikant reduziert werden. Häufig angegebene unerwünschte Wirkungen des Fastens sind unter anderem Kopfschmerzen, Hungergefühl und Schwindel. Anhand der vorliegenden klinischen Studien lässt sich keine pauschale Empfehlung zum Fasten oder zu FMDs bei Chemotherapie geben. Bei bestehendem Patientenwunsch ist eine durch STF begleitete Chemotherapie aus Sicht der Patientensicherheit, unter strenger Observation und unter Berücksichtigung von Gegenanzeigen jedoch anwendbar. Um valide Aussagen bezüglich der Protektion gegenüber der Toxizität von Chemotherapeutika beim Menschen, die einer Chemotherapie unterzogen werden, treffen zu können, sind jedoch deutlich umfangreichere Studien nötig.