Gewählte Publikation:
Morocutti, D.
Evaluierung postoperativer Wundinfektionen bei
Frakturen in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Zahnmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universitaet Graz; 2021. pp. 73
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Schwaiger Michael
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Zemann Wolfgang
- Altmetrics:
- Abstract:
- EINFÜHRUNG
Gesichtsfrakturen stellen eine der häufigsten Indikationen für eine chirurgische Therapie in der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie dar. Die häufigste damit verbundene Komplikation ist die postoperative Wundinfektion, die zu einer deutlich gesteigerten Morbidität und Mortalität führt sowie mit hohen Opportunitätskosten für das Gesundheitssystem einhergeht. Je nach Qualität der Datenerfassung, verwendeten Überwachungskriterien und chirurgischem Eingriff kann die Inzidenz in der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie bis zu 20% betragen. Zur Prävention der SSIs hat sich bis heute keine eindeutige Empfehlung in Hinblick auf die Dauer, Art und Dosis prophylaktischer Antibiose durchgesetzt.
MATERIAL UND METHODEN
In dieser Studie wurden SSIs und mögliche Risikofaktoren bei Frakturen in der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie ein Jahr retrospektiv evaluiert und zwei prophylaktische Antibiose-Schemata im Zuge der Untersuchung verglichen. In die Studie wurden insgesamt 138 Patient*innen aufgenommen. Das Follow-Up erfolgte über einen Zeitraum von 6 Monaten. Zur Antibiose wurde vorwiegend die Wirkstoffkombination Amoxicillin und Clavulansäure verwendet. Die aufgetretenen SSIs wurden nach der Komplikationsklassifikation nach Clavien-Dindo eingeteilt. Darüber hinaus wurde die Lokalisation der Frakturen analysiert und verglichen.
RESULTATE
Die Evaluierung der postoperativen Wundinfektionen ergab eine Jahresinzidenz von 17,4%, das entspricht 23 von 138 Patient*innen. Nach detaillierter Betrachtung konnten mehr als die Hälfte davon als leichte postoperative Infektion (Grad 1 Komplikation) eingestuft werden. Eine im Unterkiefer lokalisierte Fraktur steht signifikant häufiger in Verbindung mit einer SSI als eine im Mittelgesicht lokalisierte Fraktur. Insgesamt wurden nach operativer Therapie einer Gesichtsfraktur 66 Patient*innen mittels prolongierter antibiotischer Prophylaxe abgeschirmt und 72 Patient*innen mit einer Single-Shot Antibiose. In Bezug auf die angewandte antibiotische Prophylaxe ergibt sich hinsichtlich einer postoperativen Infektion kein signifikanter Unterschied.
DISKUSSION
Der Literatur zufolge erweisen sich SSIs als die häufigste Komplikation nach chirurgischer Therapie. Die Reduktion der Wundinfektionsrate entlastet die Patient*innen und das Gesundheitswesen, wodurch eine Analyse und Evaluierung dieser und etwaiger Risikofaktoren gesundheitswissenschaftlich förderlich ist. Um dem übermäßigen Gebrauch von Antibiotika und den damit einhergehenden Resistenzbildungen entgegenzuwirken, fordert die Weltgesundheitsorganisation intensive Forschungsanstrengungen.
SCHLUSSFOLGERUNG
Patient*innen mit Frakturlokalisationen im Unterkiefer entwickeln besonders häufig postoperative Wundinfektionen und sollten intensiv nachuntersucht werden. Die Mundhygiene, das Rauchverhalten, die Operationsdauer, der Zugang und die Art der Fraktur stellen Risikofaktoren dar, die das Entstehen einer postoperativen Wundinfektion begünstigen können. Die erhobenen Wundinfektionen sollten standardisiert kategorisiert werden, um eine Objektivierbarkeit der Ergebnisse gewährleisten zu können. Die Clavien-Dindo Klassifikation postoperativer Komplikationen stellt ein adäquates Instrument dafür dar. Die Gruppe der leichten Infektionen (Grad 1 Komplikation) macht bei genauerer Untersuchung den größten Anteil aus. Die Single-Shot Antibiose zeigt im Vergleich zur prolongierten antibiotischen Prophylaxe keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf die postoperative Wundinfektionsrate bei Gesichtsfrakturen. Angesichts der negativen Effekte des übermäßigen Gebrauchs von Antibiotika auf die Patient*innen, die Umwelt und das Gesundheitssystem stellt die Single-Shot Antibiose die bessere Wahl der antibiotischen Prophylaxe bei Frakturen in der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie dar. Auf Basis unserer Daten bietet die Single-Shot Antibiose eine ausreichende Prophylaxe zur Prävention einer postoperativen Wundinfektion.