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Schinnerl, M.
Tumorneudiagnosen vor und während der COVID-19-Pandemie an der Klinischen Abteilung für Gynäkologie der Medizinischen Universität Graz - Eine retrospektive Datenanalyse
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universitaet Graz; 2021. pp. 56
[OPEN ACCESS]
FullText
- Authors Med Uni Graz:
- Advisor:
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Petru Edgar
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- Abstract:
- FRAGESTELLUNG Am 11.03.2020 wurde der Ausbruch der COVID-19-Erkrankung durch das Virus SARS-CoV-2 von der WHO zur Pandemie erklärt. Darauf folgte in Österreich ein Lockdown, der verschiedene Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen beinhaltete. In Krankenhäusern wurden nicht-dringliche Untersuchungen und Operationen aufgeschoben, um die Bettenkapazität für COVID-19-Erkrankte frei zu halten. Auch im niedergelassenen Bereich wurden teilweise nur dringliche Fälle behandelt. Dies führte zu einer Reduktion auch von gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen. Ziel dieser Arbeit ist es, durch die Analyse der diagnostizierten Primärfälle zweier vergleichbarer Zeiträume 2019 bzw. 2020 herauszufinden, ob die gynäkologischen Tumorneudiagnosen während der Lockdownphase zurückgegangen sind.
METHODE Klinische Daten von Patientinnen, die in den Zeiträumen 01.01.2019 bis 31.05.2019 bzw. 01.01.2020 bis 31.05.2020 die Neudiagnose eines Endometrium-, Mamma-, Ovarial-, Vulva-, oder Zervixkarzinoms an der Klinischen Abteilung für Gynäkologie der Medizinischen Universität Graz erhalten haben, wurden retrospektiv ausgewertet. Die Daten wurden aus dem elektronischen Programm Medocs sowie aus den Ambulanzakten erhoben.
ERGEBNISSE Neudiagnosen nahmen von März bis Mai 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 44 % ab. Dies galt vor allem für das Ovarialkarzinom (-60 %), das Mammakarzinom (-56 %) und das Zervixkarzinom (-33 %). Tumorassoziierte Symptome traten während des Lockdowns nicht vermehrt auf (nicht signifikanter Unterschied; n.s.). 2020 wurden im Vergleich zu 2019 mehr Selbstzuweisungen aufgrund von klinischer Symptomatik und Notfallszuweisungen verzeichnet (p=0,005). 2020 hatte fast die Hälfte der Patientinnen vor Diagnosestellung des Karzinoms keine relevante andere Erkrankung (n.s.). Beim Mammakarzinom wurden 2020 um 20 % mehr neoadjuvante Chemotherapien durchgeführt (n.s.).
SCHLUSSFOLGERUNG Gründe für den Rückgang der Karzinomdiagnosen könnten vor allem sein, dass Menschen aus Angst vor einer SARS-CoV-2-Infektion oder aufgrund des empfohlenen „Social-Distancing“ die Kontaktaufnahme mit medizinischen Einrichtungen zu vermeiden suchten. Die vorliegende retrospektive Datenanalyse zeigt, dass das Gesundheitssystem auch während einer Pandemie für Routine- und Vorsorgeuntersuchungen möglichst erhalten bleiben sollte. Ansonsten könnten schwerwiegende Erkrankungen zu spät diagnostiziert werden und damit ein prognostischer Nachteil entstehen.