Medizinische Universität Graz - Research portal

Logo MUG Resarch Portal

Selected Publication:

Gassner, B.
Untersuchungen zur Bedeutung des Timed 25-Foot Walk als Maß der Gangbeeinträchtigung bei Multipler Sklerose
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universitaet Graz; 2021. pp. 104 [OPEN ACCESS]
FullText

 

Authors Med Uni Graz:
Advisor:
Enzinger Christian
Pinter Daniela Theresia
Altmetrics:

Abstract:
Fragestellung: Ein Großteil der von Multiple Sklerose (MS) Betroffenen beklagt Gangbeeinträchtigungen, oftmals schon früh im Krankheitsverlauf. Die erhaltene Gehfähigkeit wird von den Betroffenen häufig als wichtigste Körperfunktion gewertet. Ziel dieser Arbeit war es daher, einerseits Häufigkeit und Schweregrad von Gangbeeinträchtigungen bei Patient*innen der MS-Ambulanz der Universitätsklinik für Neurologie Graz zu erfassen, und andererseits mögliche Einflüsse von demographischen Daten (Geschlecht, Alter), Verlaufsform, Schubrate und Erkrankungsdauer sowie Unterschiede und Zusammenhänge mit einer etablierten Skala der Behinderung (Expanded Disability Status Scale, EDSS) zu untersuchen. Des Weiteren wurde der Verlauf der Gangbeeinträchtigung explorativ evaluiert. Methoden: Im Rahmen dieser Arbeit wurden retrospektive Daten analysiert. Als Maß für die Beeinträchtigung der Gehfähigkeit wurde der Timed 25-Foot Walk (T25-FW) herangezogen, der im Rahmen der Ambulanzbesuche systematisch erhoben und in einer Datenbank dokumentiert wurde. Zur Untersuchung möglicher Einflüsse auf die Leistung im T25-FW sowie möglicher Veränderungen der Gangbeeinträchtigungen zwischen zwei Untersuchungszeitpunkten wurden nichtparametrische statistische Verfahren (Mann-Whitney-U-Test, Rangkorrelation nach Spearman, Kruskal-Wallis-Test, Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test, Chi-Quadrat-Test) verwendet. Beim Vergleich von mehr als zwei Stichproben kamen Post-hoc-Tests mit Bonferroni-Korrektur zum Einsatz. Ergebnisse: Die Daten von 749 Patient*innen (488 Frauen, mittleres Alter 39,99 Jahre (SD = 11,9), klinisch isoliertes Syndrom = 202, schubförmige MS = 459, sekundär progrediente MS = 70, primär progrediente MS = 18) wurden analysiert. Der mediane EDSS-Score lag bei 1,0 (IQR = 2,5, range = 0,0-7,0). 11,3% der Patient*innen erreichten EDSS-Werte von ≥4,0. Die Ergebnisse im T25-FW lagen zwischen 3 und 51 Sekunden (Median = 4,00, IQR = 2,0). 29,4% der Patient*innen erreichten Werte von ≥6 Sekunden. In unserer Kohorte hatten vor allem Verlaufsform (p <0,001), Grad der physischen Beeinträchtigung gemessen anhand der EDSS (p <0,001), Alter der Betroffenen (rs = 0,43, p <0,001) und in einem geringeren Ausmaß auch Erkrankungsdauer (rs = 0,12, p = 0,001) sowie Schubrate (rs = 0,09, p = 0,03) Einfluss auf die Ergebnisse im T25-FW. Eine höhere Variabilität der T25-FW-Werte war in progredienten Verlaufsformen, in höherem Alter und in höheren EDSS-Rängen zu beobachten. Nach einer medianen Zeitspanne von 1,73 Jahren (IQR = 1,5) zeigte sich eine zwar signifikante (p = 0,03), aber minimale Verbesserung im T25-FW (0,5 Sekunden) über die Gesamtkohorte hinweg. In höheren Beeinträchtigungsgraden (EDSS ≥3,5) verschlechterten sich die Ergebnisse des T25-FW bei etwa der Hälfte der Betroffenen, bei sekundär progredienter Verlaufsform bei 68,4% der Betroffenen. Schlussfolgerungen: 29,4% der Patient*innen erreichten T25-FW-Werte von ≥6 Sekunden, was bereits eine klinisch bedeutsame Beeinträchtigung darstellt. Die EDSS detektierte im Vergleich dazu bei 11,3% der Patient*innen eine Gangbeeinträchtigung in Form einer Gehstreckeneinschränkung (EDSS ≥4,0). Der T25-FW scheint daher in unserer Kohorte eine bessere Sensitivität für die Detektion von Gangbeeinträchtigungen im Rahmen der MS aufzuweisen. In höherem Alter, bei progredienten Verlaufsformen und höheren Beeinträchtigungsgraden gemessen anhand der EDSS zeigten die T25-FW-Werte eine höhere Streuung. Der T25-FW scheint hier eine zusätzliche Differenzierung der Gangbeeinträchtigungen zu ermöglichen, was für die Detektion einer schleichenden Progression der Erkrankung Bedeutung erlangen könnte. Der Test könnte so als zusätzlicher Parameter zum Verlaufsmonitoring der MS hilfreiche klinische Informationen bieten, um frühzeitig auf mögliche Veränderungen reagieren zu können und so bleibende Beeinträchtigungen im Krankheitsverlauf zu minimieren.

© Med Uni GrazImprint