Gewählte Publikation:
Halbedl, H.
MINDFULNESS-BASED BODYSCAN-TRAINING IN DER BECKENBODENPHYSIOTHERAPIE BEI PROVOZIERTER VULVODYNIE. EINE MACHBARKEITSSTUDIE.
Universitätslehrgang Neurorehabilitationsforschung MSc; [ Diplomarbeit/Master Thesis (ULG) ] Donau-Universität Krems; 2020. pp.188.
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Trutnovsky Gerda
- Altmetrics:
- Abstract:
- Hintergrund: Pathophysiologische Faktoren bei Vulvodynie wie die
Involvierung des zentralen Nervensystems fordern auch in der
Beckenbodenphysiotherapie gezielte Interventionen. Der Mindfulness-based
Bodyscan ist eine Maßnahme, die zur Desensibilisierung bei Schmerzen und
Beckenbodendysfunktionen zum Einsatz kommt. Das Potential des
Mindfulness-Ansatzes für Vulvodynie-Patientinnen wurde aufgrund der
positiven Wirkungen bei chronischem Schmerz erkannt; aufgrund fehlender
empirischer Studien an Vulvodyniepatientinnen wird er für die multimodale
Beckenbodenphysiotherapie bislang nicht explizit empfohlen.
Ziel: Primäres Ziel dieser Pilotstudie war die Überprüfung der Machbarkeit
und Sicherheit der Intervention „Bodyscan“. Sekundäres Ziel war die
Überprüfung der Durchführbarkeit des Studiendesigns und der
Auswirkungen auf die Outcome-Parameter für eine mögliche Folgestudie.
Methodik: An diesem randomised controlled trial (RCT) konnten Frauen mit
Vulvodynie, die zu einer Beckenbodentherapie zugewiesen wurden,
teilnehmen. Sowohl die Kontroll- als auch die Interventionsgruppe erhielt
multimodale Standard-Beckenbodenphysiotherapie, die Interventionsgruppe
führte zusätzlich ein Mindfulness-based Bodyscan-Training durch. Die
Enderhebung fand nach jeweils 10 Therapieeinheiten à 60 Minuten statt, die
Follow-up-Erhebung nach 2,5 Monaten. Zur Evaluierung der
Wirkungstendenz wurden u.a. folgende validierte Messinstrumente
verwendet: Numerische Rating-Skala (NRS), Female Sexual Distress Scale
(FSDS), Female Sexual Function Index (FSFI) Pain Catastrophizing Scale
(PCS). Für die Beurteilung der Machbarkeit wurden Kriterien festgelegt. Im
Rahmen der Intention-to-Treat-Analyse wurden die Mittelwerte der Parallelgruppen
verglichen und die Fallzahlberechnung für eine Folgestudie
ermittelt.
Ergebnis: 33 Patientinnen nahmen an der Studie teil und konnten in 2
Gruppen zu 17 und 16 randomisiert werden. 15 Frauen (88 %) haben den
Bodyscan mehr als 10 Mal, im Mittelwert 27,9 Mal durchgeführt und somit
das Kritierium der Durchführbarkeit erreicht. In der Interventionsgruppe kam
es durch die Therapie zu einer deutlichen Reduktion der durchschnittlichen
Schmerzintensität (NRS) um 2.9 (58 %) im Mittelwert, während es in der
Kontrollgruppe zu keiner Änderung kam. Bei den folgenden sekundären
Outcomes zeigten sich ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen den beiden
Studiengruppen im Vergleich der Differenzen ihrer Mittelwerte zwischen
Baseline und Follow-up. Momentane Schmerzintensität (NRS): –3.5 (70 %
Reduktion zwischen Baseline und Follow-up) : –0.3 (10,4 %); geringste
Schmerzintensität (NRS): –2.4 (63,16 %) : –0.2 (10,53 %); stärkste Schmerzintensität
(NRS): –3.8 (51,36 %): –1 (18,18 %); Female Sexual Distress Scale
(FSDS-Revised): –18.2 (51,7 %) : –2.8 (8,95 %); Pain Catastrophizing Scale
(PCS – deutsche Version) –13,1 (56,22 %) : –3.3 (17,18 %); Schmerzintensität
Beckenbodenscreening (NRS): –3.4 (61,81 %) : –0.8 (19,51 %). Laut Fallzahlberechnung
erfordert eine Folgestudie 99 Probandinnen bei einer Versagenswahrscheinlichkeit
von 0.05, einer Intervallbreite von 1 und einer Drop-out-
Quote von 10 Prozent. Ein Studienprotokoll für die Folgestudie wurde
angefertigt.
Conclusio: Der Mindfulness-Bodyscan ist im Rahmen der multimodalen
Beckenbodentherapie sicher und durchführbar. Das Studienprotokoll ist
durchführbar. Im Mittelwertvergleich zeigt sich eine deutlich größere
Schmerz- und Stressreduktion in der Interventionsgruppe. Das Ergebnis
belegt die Sinnhaftigkeit einer Folgestudie.