Gewählte Publikation:
Kreis, S.
Pharmakologische Anwendung und weitergehendes Potenzial der Valproinsäure.
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universitaet Graz; 2020. pp. 123
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Holzer Ulrike
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung: Bereits seit mehreren Jahrzehnten wird Valproinsäure (VS) in der Epilepsie-Therapie verwendet. Durch das breite, viele verschiedene Neurotransmitter und Signalwege beeinflussende Wirkspektrum, sind die Einsatzmöglichkeiten jedoch nicht nur auf die Behandlung verschiedener Epilepsieformen beschränkt, sondern ist ein Einsatz auch bei verschiedenen anderen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen möglich. Limitierend für die Verwendung der VS sind, neben teratogenen Nebenwirkungen, auch selten auftretende schwere Nebenwirkungen wie Blutgerinnungsstörungen und Pankreatitiden sowie klinisch-relevante Interaktionen mit anderen Wirkstoffen. Aufgrund der Inhibition der Histon-Deacetylasen wird VS in Zukunft vermutlich auch in der Behandlung verschiedener onkologischer Erkrankungen eingesetzt werden.
Material und Methoden: Im Rahmen einer ausführlichen Literaturrecherche wird ein umfassender Überblick über pharmakologische Eigenschaften und aktuelle sowie potenziell-zukünftige Indikationen sowie Gefahren, die bei der Verwendung von VS auftreten können, erarbeitet. Für die Literaturrecherche wird hauptsächlich auf die Datenbank „PubMed“ des National Center for Biotechnology Information (NCBI) zurückgegriffen. Bei speziellen Fragestellungen werden auch die Online-Suchmaschine Google sowie Lehr-, Fachbücher und Fachzeitschriften aus dem Bestand der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz verwendet.
Ergebnisse: Während die VS bei fokalen epileptischen Anfällen nicht als First-Line-Medikament gilt, ist sie bei Absencen gleichwertig mit Ethosuximid Mittel erster Wahl und zeigt bei primär generalisierten, tonisch-klonischen Anfällen unübertreffliche Wirksamkeit. Daneben kann ein Einsatz der VS auch beim Lennox-Gastaut-Syndrom, beim Dravet-Syndrom und beim Benzodiazepin-refraktären Status epilepticus in Erwägung gezogen werden; beim West-Syndrom und bei der Rolando-Epilepsie gibt es dagegen keine ausreichende Evidenz, die eine Verwendung der VS als Erstlinienmedikation rechtfertigt. Auch bei zahlreichen onkologischen Erkrankungen (etwa Mammakarzinomen, Melanomen, Kolonkarzinomen etc.) konnten durch die VS Beeinflussungen des Tumorwachstums, erhöhte Apoptoseraten oder andere molekularbiologische Effekte, die der Tumorprogression entgegenwirken, ermittelt werden.
Diskussion: Durch die teratogene Wirkung soll VS nur als absolutes Reservepräparat bei Mädchen und potenziell gebärfähigen weiblichen Teenagern und Frauen verwendet werden. Zahlreiche neue Möglichkeiten ergeben sich durch die Inhibition der Histon-Deacetylierung nicht nur in der Therapie von zahlreichen onkologischen Erkrankungen, auch bei nicht-onkologischen Erkrankungen wie traumatischen Hirnschädigungen liefern erste Studien erfolgversprechende Daten. Auch in Zukunft scheint die VS daher nicht aus der Medizin zu verschwinden, vermutlich werden noch Zulassungen für weitere Indikationen folgen.