Gewählte Publikation:
Dunkl, D.
Der plötzliche Säuglingstod - Eine gerichtsmedizinische Betrachtungsweise.
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universitaet Graz; 2020. pp. 79
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Kerbl Reinhold
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Ogris Kathrin
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung: In den letzten Jahrzehnten konnte die Inzidenz des plötzlichen Säuglingstodes durch das Erkennen von Risikofaktoren und Durchführen von Präventionsmaßnahmen bedeutend gesenkt werden. Da dessen Ursache jedoch noch nicht geklärt werden konnte, gilt es weiterhin, jeden unerwartet verstorbenen Säugling genauestens zu untersuchen, und so neue Erkenntnisse zu gewinnen. Hier spielt die Gerichtliche Medizin eine entscheidende Rolle. In dieser Arbeit werden SIDS-Fälle, die am Diagnostik- & Forschungs- (D&F) Institut für Gerichtliche Medizin Graz untersucht wurden, retrospektiv aufgearbeitet: Welche Befunde ergab die Obduktion? Gab es zusätzliche Diagnoseverfahren? Was ergab die Untersuchung des Todesortes und der unmittelbaren Umstände des Todes? Fanden sich Auffälligkeiten in der Krankengeschichte und den Befragungen der Aufsichtspersonen?
Methoden: 134 Fälle mit der Diagnose „SIDS“ bzw. „plötzlicher Säuglingstod“ am D&F Institut für Gerichtliche Medizin Graz wurden aufgearbeitet und die Daten in einer Tabelle gesammelt. Zum Vergleich mit internationalen gerichtsmedizinischen Standards und Erkenntnissen zum plötzlichen Kindstod wurde eine Literaturrecherche durchgeführt. Von Statistik Austria erhielten wir statistische Daten zum plötzlichen Säuglingstod und Säuglingsobduktionen in Österreich.
Ergebnisse: Die - in unseren Fällen obligat durchgeführte - Obduktion ergab viele für SIDS typische Befunde. Bauchlage, welche ein zentraler Risikofaktor für SIDS ist, zeigte sich bei einem Großteil der Fälle.
Diskussion: Starke Schwankungen gab es in der Durchführung zusätzlicher Diagnoseverfahren sowie bei der Qualität der Erhebung und Dokumentation der Krankengeschichte und der Untersuchung des Todesortes bzw. der Auffindesituation. Viele Risikofaktoren wurden nicht nachvollziehbar bestätigt oder ausgeschlossen. Die Obduktionsstatistik zeigte, dass viele SIDS-Fälle in Österreich nicht obduziert wurden.
Conclusio: Die Definition von SIDS setzt die Durchführung einer Obduktion samt zusätzlichen Diagnoseverfahren, eine genaue Besichtigung des Todesortes und ein umfassendes Studium der Krankengeschichte voraus. Die vorschnelle Diagnose „SIDS“, teilweise sogar ohne Obduktion, lässt die tatsächliche Todesursache, möglicherweise auch eine Kindstötung, unentdeckt. Die Ansprüche an die Ermittlungen bei plötzlich verstorbenen Säuglingen sollten hoch gesteckt werden.