Gewählte Publikation:
Horcicka, A.
Off-Label Verwendung von Medikamenten an einer neonatologisch-pädiatrischen Intensivstation.
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universitaet Graz; 2020. pp. 78
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Kerbl Reinhold
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- Abstract:
- Die Arzneimittelsicherheit in der Kinder- und Jugendheilkunde ist schon seit Jahrzehnten ein vielfach diskutiertes Thema. Insbesondere kommt es bei sehr kleinen Kindern mit schweren Krankheitsbildern zu Einschränkungen im Rahmen der Arzneimittelgabe, da viele Medikamente für diese Patientenpopulation nicht autorisiert und offiziell zugelassen sind. Aufgrund dessen sind Pädiaterinnen und Pädiater gezwungen, Off-Label Medikationen nach bestem Wissen und Gewissen anzuwenden.
Diese Arbeit gibt einen Überblick über häufige off-label verschriebene Medikamente auf der neonatologisch-pädiatrischen Intensivstation des Landeskrankenhaus Hochsteiermark Standort Leoben, über Gesetzesgrundlagen und internationale und nationale Entwicklungen, über zu beachtende Besonderheiten bei der Arzneimittelgabe bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten, den Umgang und die Handhabung eines Off-Label Use und eventuelle Verbesserungsmöglichkeiten, um auch den kleinen Patientinnen und Patienten eine bestmögliche, offiziell autorisierte, Therapie zukommen zu lassen.
Im Rahmen eines Off-Label Use werden Medikamente verabreicht, die zwar im jeweiligen Land offiziell zugelassen sind, es jedoch in Bezug auf Patientenalter, Indikationen, Dosierungen oder die Applikationsform keine oder eine nur eingeschränkte Arzneimittelfreigabe gibt. Betroffen von einer derartigen Anwendung sind vorwiegend – oftmals mangels klinischer Studien – pädiatrische Patientinnen und Patienten. In den letzten Jahren gab es auf unionsrechtlicher Ebene mehrere Initiativen und Konklusionen, um die Situation zu verbessern und die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben.
Durch physiologische Besonderheiten im Neonatal-, Kindes- und Jugendalter, die meist auf einen Entwicklungsprozess der teils noch unreifen Organsysteme zurückzuführen sind, ergeben sich pharmakokinetische Unterschiede, die es bei der Applikation von Medikamenten zu beachten gilt.
Zu den häufig off-label verschriebenen Medikamenten auf der neonatologisch-pädiatrischen Intensivstation des LKH Leoben zählen in erster Linie jene zur analgetisch-sedativen und zur antiinfektiven Therapie.
Folgende 15 Medikamente wurden in einem Untersuchungszeitraum von einem Monat off-label verwendet (nach ihrer Häufigkeit gereiht): Paracetamol, Povidon-Iod, Nalbuphin, Midazolam, Ichthammolum und Hamamelis, Chloralhydrat, Enoxaparin-Natrium, Meropenem, Diclofenac und Orphenadrin, Propofol, Fenoterol und Ipratropium, Kalium L Malat, Nystatin, Natriumbicarbonat und Salbutamol.
Die Frühgeburtlichkeit, perinatale Asphyxie und Anpassungsstörung stellen die in einem Untersuchungszeitraum von einem Monat am häufigsten aufgetretenen Krankheitsbilder dar.
Ferner wird ein pharmakologischer Überblick über diese oben genannten Medikamente hinsichtlich ihrer Wirkstoffgruppe, ihres Wirkmechanismus, ihrer Anwendungsgebiete, der aktuell im Zulassungsland vorliegenden Kontraindikationen für eine Verabreichung und häufig auftretender Nebenwirkungen gegeben. Schließlich werden für das jeweilige Arzneimittel aktuelle Richtlinien zur pädiatrischen Off-Label Use und Dosierungsempfehlungen – falls vorhanden – angegeben.
Um die aktuelle nationale und internationale Lage der Off-Label Medikationen zu verbessern, erfolgen intensive Bemühungen von Seiten pädiatrischer Netzwerke. Eine Weiterentwicklung von Arzneimitteln in der Pädiatrie erfordert jedoch auf vielen Ebenen einen großen Mehraufwand – finanziell, politisch, klinisch, pharmakologisch, industriell u.v.a. – weswegen ein Fortschritt nur sukzessive erkennbar wird.