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Gewählte Publikation:

Gutschi,C.
Extrem unreife Frühgeborene und Diskussion über Therapieabbruch Retrospektive Untersuchung zum Outcome von Frühgeborenen 23-28 SSW mit/ohne Diskussion in den Jahren 2010-2015 sowie strukturiertes Interview zu "end-of-life-decisions"
Humanmedizin; [Diplomarbeit] Medizinische Universität Graz;2019. pp. 79 [OPEN ACCESS]
FullText

 

Autor*innen der Med Uni Graz:
Betreuer*innen:
Resch Bernhard
Altmetrics:

Abstract:
Hintergrund: Die Grenze zur Lebensfähigkeit stellt oft einen schmalen Grat zwischen Leben und Tod dar, deshalb gibt es besonders bei extremen Frühgeborenen Diskussionen darüber, ob eine begonnene Intensivtherapie aufgrund zahlreich aufgetretener Komplikationen verbunden mit schlechter Langzeitprognose zurückgezogen werden soll. Ziel meiner Studie ist, das neurokognitive Outcome Frühgeborener mit und ohne Diskussion über Therapieabbruch zu beschreiben und zu vergleichen. Methoden: In dieser retrospektiven, monozentrischen Studie wurden die Daten aller Frühgeborenen (23-28 SSW), die im Zeitraum 2010-2015 an der neonatologischen Intensivstation Graz hospitalisiert waren, analysiert. Frühgeborene mit geplanter „palliative-care-Behandlung“ (n=12) wurden ausgeschlossen. Hauptzielgröße ist das Outcome, d.h. neurokognitive Entwicklung mit korrigierten 24 Monaten bzw. Mortalität. Außerdem wurde mit Fachärzten der NICU Graz ein leitfadengestütztes Interview über „Therapieabbruch bei extremen Frühgeborenen“ geführt, um diesen oft schwierigen Entscheidungsprozess zu beleuchten. Ergebnisse: Diskussionen über Therapieabbruch wurden bei 44 (16,6 %) von 265 Frühgeborenen geführt. Letztlich entschied man sich bei 40 für einen Therapieabbruch, alle Kinder verstarben. Bei vier Kindern führte man trotz Diskussionen keinen Therapieabbruch durch, alle vier überlebten. Die Mortalitätsrate „FG mit Diskussion“ liegt folglich bei 90,9 %. Diskussionen waren vor allem mit niedrigem GA und GG (GA 24 vs. 27; GG 632g vs. 900 g; p=<0,0001), Kreislaufhypotonie, EOS, PFC und hochgradiger IVH assoziiert (p=<0,0001). Bei den vier „Überlebenden mit Diskussion“ entwickelte sich keines altersgemäß. Ein Kind (GA 23) war leicht, die anderen drei (GA 26-28) schwer entwicklungsverzögert. Bei den „FG ohne Diskussion“ (n=221) überlebten alle. Bei 189 (85.5 %) war ein 2-Jahres-follow-up möglich. Keines der Kinder mit GA 23 entwickelte sich altersgemäß. Ab GA 24 hingegen zeigten durchschnittlich 60 % eine normale Entwicklung. Bei den Interviews ergab sich klar eine Tendenz zur Teamentscheidung mit Einbeziehung der Eltern. Schwere medizinische Diagnosen sind der Hauptgrund für die Initiierung einer Diskussion. Die Schwierigkeit im Entscheidungsprozess ist vor allem die Ungewissheit der Langzeitprognose, ferner auch Diskrepanzen zwischen Pflege und Ärzten. Schlussfolgerung: Diskussionen über Therapieabbruch waren v.a. mit frühem GA, niedrigem GG und ungünstiger neurokognitiver Entwicklung assoziiert. Wie angenommen, ist die Mortalität in der Gruppe „FG mit Diskussion“ hoch und das Outcome schlecht. Potentielle Konflikte im neonatologischen Team sollten durch offenere Kommunikation und engere Zusammenarbeit von Ärzten und Pflege gelöst werden.

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