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Gewählte Publikation:

Oestermann, S.
Pflanzenvergiftungen im Wandel der Zeit: Ein Überblick über Art, mögliche Ursachen und Therapie der Pflanzenvergiftungen vom 19. bis 21. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2019. pp. 79 [OPEN ACCESS]
FullText

 

Autor*innen der Med Uni Graz:
Betreuer*innen:
Beubler Eckhard
Donnerer Josef
Altmetrics:

Abstract:
Giftige Pflanzen zeigen seit Jahrhunderten eine konstante Präsenz im Vergiftungsgeschehen. Diese Diplomarbeit soll einen Eindruck über den Stellenwert von Pflanzenvergiftungen in unserer Gesellschaft und somit auch über deren klinische Relevanz im medizinischen Bereich im Laufe der Zeit vermitteln. Aktuell nehmen Vergiftungen durch Pflanzen einen Anteil von 10 % aller Humanintoxikationen ein (1, 2, 3). Am häufigsten von ihnen betroffen sind Kinder (4, 5, 6, 7). Meistens führen Unfälle zu Intoxikation, aber Abusus und suizidale Motive spielen ebenfalls eine Rolle (5, 6, 8). Die meisten akzidentiellen Vergiftungen verlaufen leicht oder gänzlich asymptomatisch, nur wenige Pflanzenvergiftungen verlaufen schwer oder letal (5, 9). Zu den Pflanzenarten, die am häufigsten eine Vergiftung verursachen, gehören Prunus, Ficus und Taxus (5). Die Therapie ist meist symptomatischer Natur, da früher übliche Verfahren, wie Magenspülung und forciertes Erbrechen nun strengeren Indikationen unterliegen und das Outcome des Patienten nicht positiv beeinflussen (10, 11, S. 733). So bleiben bei schweren Vergiftungen die Gabe von Aktivkohle und supportive Maßnahmen Mittel der Wahl (4, 12, 13). Der Blick auf das 19. und 20. Jahrhundert zeigt, dass Pflanzenvergiftungen, im Hinblick auf Häufigkeit, Ursachen, dem beteiligten Pflanzenspektrum sowie der Therapie und der Bewertung durch die Gesellschaft, eine Veränderung durchlaufen. Die Weiterentwicklung chemischer und medizinischer Fähigkeiten, vor allem die Isolierung pflanzlicher Wirkstoffe, trug maßgeblich dazu bei, die Giftpflanzen aus dem Bereich der volkstümlichen Über- lieferungen und Aberglauben in eine wissenschaftliche Betrachtungsweise zu überführen (14, S. 18, 15, S. I-2 3-12). Führten damals hauptsächlich Pflanzen wie der Schierling und die Hundspetersilie durch ihre Ähnlichkeit zu Pastinake und Gartenpetersilie zu Vergiftungen, kommen diese Intoxikation heute nicht mehr vor (16, 17, S. 43). Die Einrichtung von Giftinformationszentren ermöglichte eine neue und objektive Einschätzung der Anzahl an Pflanzenvergiftungen in der Bevölkerung und zeigte, dass sie nicht so häufig stattfinden, wie aus den Erzählungen des 19. Jahrhunderts erwartet (18). Therapeutisch standen die Verfahren zur primären Giftelimination, wie die Entleerung des Magen-Darm-Traktes, Kohlegabe aber auch Hausmittel im Vordergrund (16, 17, S. 17, 19, S. 6, 20), während man heute diese Maßnahmen eher zurückhaltend einsetzt (11, S. 734, 13, 21, 22). Neue Entwicklungen zeigen sich in der Antidot-Therapie in Form von Antigen-bindenden Antikörper-Fragmenten (23).

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