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Pichler, A.
IST KYNURENIN EIN DIAGNOSTISCHER MARKER FÜR DAS ÜBERTRAININGSSYNDROM?
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2019. pp. 78
[OPEN ACCESS]
FullText
- Authors Med Uni Graz:
- Advisor:
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Schober Peter
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Windhaber Jana Maria
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung
Übertraining ist definiert als eine verminderte Leistungsfähigkeit, welche nicht durch Krankheiten, sondern durch ein Missverhältnis zwischen Trainingsbelastung und Regeneration ausgelöst wird und für Wochen bis Monate anhält. Die Diagnostik von Übertraining stellt eine Herausforderung in der Sportmedizin dar – ein sensitiver und spezifischer Biomarker wäre eine wertvolle Unterstützung.
Tryptophan ist eine für den Menschen essentielle Aminosäure, welche auch für die Proteinbiosynthese benötigt wird. Die überwiegende Mehrheit Trp wird über den kynurischen Weg abgebaut, der serotonerge Weg stellt nur einen sehr geringen Teil des Abbaus dar. Im kynurischen Stoffwechselweg gibt es sowohl neurotoxische Metabolite wie etwa Kynurenin und 3-Hydroxykynurenin, aber auch neuroprotektive wie die Kynureninsäure. Eine Erhöhung von Kynurenin wird mit verschiedenen Krankheiten assoziiert, vor allem psychiatrische Erkrankungen wie etwa Depressionen und Fatigue scheinen mit der Höhe von Kynurenin im Serum zu korrelieren. In der Literatur gibt es aber bereits auch Hinweise, dass es bei Übertraining zu einer Steigerung des kynurischen Stoffwechselweges kommen könnte und Kynurenin oder dessen Derivate potentielle Biomarker darstellen könnten.
Methoden
27 Probandinnen und 45 Probanden unterliefen zwei Untersuchungen im Abstand von sechs bis zwölf Monaten. Diese beinhalteten eine Trainingsanamnese, einen psychologischen Fragebogen (DASS), eine klinische Untersuchung, sowie einen Stufentest bis zur Ausbelastung. Zusätzlich wurde ein peripherer Venenverweilkatheter gelegt und eine Blutprobe vor, sofort nach Beendigung und 30 Minuten nach Beendigung entnommen. Tryptophan, Kynurenin und Kynureninsäure wurden mittels HPLC bestimmt. Unterschiede zwischen den Geschlechtern, aufgrund der Leistungsentwicklung (+2% VO2max egal wie trainiert wurde versus -2% VO2max bei gleichem oder erhöhtem Training), des Saisonzeitpunkts, der Sportartgruppe und Zusammenhänge mit psychischen Auffälligkeiten wurden untersucht.
Ergebnisse
Die Baseline-Daten zeigten eine hoch signifikante Geschlechtsspezifität. Die Leistungsentwicklung brachte nur bei den Burschen mit einer Leistungsminderung signifikant niedrigere Baselinewerte für Trp als bei denen mit einer Leistungssteigerung. Keine Unterschiede wurden aufgrund des Saisonzeitpunkts gefunden. Auch die psychischen Auffälligkeiten konnten nicht mit dem KP assoziiert werden. Körperliche Ausbelastung verändert den KP: Tryptophan fiel durch die Ausbelastung signifikant ab und stieg dann wieder an, gleiches gilt für Kynurenin – die Kynureninsäure verhielt sich invers.
Diskussion
Obwohl es einige Arbeiten zum Thema Geschlechtsspezifität des Kynurenin-Stoffwechselweges gibt, wurden, im Gegensatz zur vorliegenden Arbeit, die meisten bisherigen Untersuchungen nicht geschlechtergetrennt ausgewertet. Außer Baseline-Trp fand sich keine Korrelation zwischen Übertraining bzw. einer Leistungsabnahme und Veränderungen des Kynurenin-Stoffwechselwegs. Allerdings gibt es große interindividuelle Unterschiede, mögliche Confounder müssen in künftigen Studien noch gefunden werden um Normwerte definieren zu können. Die beobachtete Erniedrigung von Tryptophan durch körperliche Belastung ist in der Literatur bereits beschrieben. Kynurenin fiel direkt nach der Ausbelastung ab, in anderen Publikationen wird in verschiedenen Settings bei sportlicher Aktivität ein Anstieg beschrieben. Kynureninsäure stieg an, was ein Zeichen für erhöhte Aktivität von Kynurenin-Aminotransferasen sein könnte. Dies könnte einen Shift von Kynurenin, welches die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, zur Kynureninsäure, welche dies nicht kann, erzeugen. Ein derartiger Shift könnte eine Erklärung für die positiven psychischen Effekte von sportlicher Betätigung sein.