Gewählte Publikation:
Laubenbacher, J.
Kann die Probiotikatherapie mit Lactobacillus casei rhamnosus Komplikationen bei intensivgepflegten Frühgeborenen reduzieren?
Eine retrospektive Kohortenstudie an der Neugeborenen-Intensivstation im Zeitraum 2005 bis 2015
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2019. pp. 74
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Resch Bernhard
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- Hintergrund
Insbesondere intensivgepflegte Frühgeborene weisen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen wie Antibiotika-assoziierte Diarrhoe (AAD), nosokomiale Sepsis (LONS), Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP), Multiorganversagen (MODS von engl. multiple organ dysfunction syndromes) und nekrotisierende Enterokolitis (NEC von engl. neonatal necrotizing enterocolitis) auf. Diese Diplomarbeit hat das Ziel zu untersuchen, ob eine frühzeitige Probiotikatherapie mit Lactobacillus casei rhamnosus (LCR35) Komplikationen, welche im Rahmen einer neonatalen Intensivtherapie bei Frühgeborenen auftreten können, vorbeugen und behandeln kann.
Methoden
Es wurden retrospektiv die Daten aller Frühgeborenen mit einem Gestationsalter von über 32 Wochen herangezogen, die im Jahre 2005 bis 2015 geboren wurden und sich an der Klinischen Abteilung für Neonatologie Graz für mindestens sieben Tage auf der Intensivstation befanden. Alle Kinder erhielten während der gesamten Dauer ihres Aufenthalts Nystatin, Gentamycin und Lactobacillus casei rhamnosus zur Prophylaxe einer NEC. Diese wurden jeweils nach Geburtsgewicht berechnet und in dieser Dosierung bis zur Entlassung verabreicht. Untersucht wurde das Auftreten von AAD, LONS, VAP, MODS und NEC. Die Häufigkeit der Komplikationen wurde mit Daten aus der Literatur verglichen. Die Datenerhebung erfolgte mit dem Krankenhausinformationssystem openMedocs, die Analyse wurde mittels Microsoft Excel und SPSS durchgeführt. Zur Prüfung der statistischen Signifikanz (p<0,05) wurden Chi-Quadrat-Test, Fisher’s Exact Test sowie der t-Test verwendet.
Ergebnisse
824 von 1334 Frühgeborenen bildeten die Studienpopulation. Das mittlere Gestationsalter der Studienpopulation lag bei 34 Wochen, das mittlere Geburtsgewicht bei 2168 Gramm, die durchschnittliche Hospitalisierungsdauer betrug 17 Tage. Bei 3,2% der Frühgeborenen (n=26) wurde mindestens eine der untersuchten Komplikationen (AAD, LONS, VAP, MODS und NEC) dokumentiert. Dabei erlitten 1,9% (n=16) eine LONS, 1,1% der Kinder (n=9) hatten eine VAP und bei 0,6% der Kinder (n=5) kam es zu einem MODS. Keines der Kinder aus der Frühgeborenen-Kohorte erkrankte an einer AAD oder an einer NEC. Dabei unterschieden sich Frühgeborene mit Komplikationen und Frühgeborenen ohne Komplikationen hinsichtlich ihrer perinatalen Daten nicht voneinander. In Bezug auf die neonatalen Behandlungsdaten zeigten Frühgeborene mit Komplikationen im Vergleich zu Frühgeborenen ohne Komplikationen längere Krankenhausaufenthalte (median=21 vs. 11 Tage; p<0,001) und waren häufiger (52% vs. 100%; p<0,001) sowie länger (median=18 vs. 3 Tage; p<0,001) beatmet. Auch eine Antibiotikatherapie war bei Kindern mit Komplikationen über einen längeren Zeitraum nötig (median=19 vs. 4 Tage; p<0,001). Kinder mit Komplikationen brauchten weniger Surfactant als jene ohne Komplikationen (12% vs. 25%; p<0,001).
Schlussfolgerung
Das standardisierte antiinfektive Behandlungsschema zur Prävention vordefinierter Komplikationen bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter von über 32 Wochen zeigte mit 3,2% eine sehr niedrige Rate. Frühgeborene mit und ohne Komplikationen im Rahmen ihrer Intensivpflege unterschieden sich hinsichtlich ihrer perinatalen Daten nicht voneinander. Im Vergleich mit internationalen Daten lag die Komplikationsrate für diese Altersgruppe ähnlich niedrig. Es konnten keine unerwünschten Nebenwirkungen festgestellt werden. Alle in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das antiinfektive Behandlungsschema der neonatalogischen Abteilung Graz bereits gute Wirkungen zeigt.