Gewählte Publikation:
Holzmueller, E.
Wissenschaftliche Evaluierung der Einstellung von Hausärztinnen und Hausärzten in der Steiermark zur Früherkennungsmaßnahme „niere.schützen“ im Rahmen der integrierten nephrologischen Versorgung in der Steiermark
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2019. pp. 190
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Poggenburg Stephanie
-
Siebenhofer-Kroitzsch Andrea
- Altmetrics:
- Abstract:
- Hintergrund
Durch den enormen Anstieg der Zahl an Patient_innen mit chronischer Nierenkrankheit (CKD) und der Folgeerkrankungen rückte die Niere in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus des gesellschaftlichen Bewusstseins. Durch die erhöhte Morbidität und Mortalität der CKD entwickelte sich eine große soziale und ökonomische Belastung. Die Vertreter der European Kidney Health Alliance empfehlen daher europaweit die Etablierung von Screeningprogrammen zur Früherkennung von CKD. So wurden nicht nur international in den vergangenen Jahren Screeningprogramme dieser Art geschaffen, sondern auch in der Steiermark „niere.schützen“ als Awarenessprogramm zur Früherkennung von CKD im allgemeinmedizinischen Sektor am 01.01.2016 etabliert.
Material und Methoden
Zur Evaluierung der Meinung von steirischen Allgemeinmediziner_innen hinsichtlich des Awarenessprogramm „niere.schützen“ wurden im Rahmen dieser Diplomarbeit semistrukturierte leitfadengestützte Telefoninterviews mit 20 steirischen Allgemeinmediziner_innen geführt. Ein Transskript der aufgezeichneten Interviews wurde anhand qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse
Die Befragung der Hausärzt_innen zeigte, dass der Großteil der Befragten, die Thematik der Nierenfunktionseinschränkung als relevant für die tägliche hausärztliche Praxis erachten. Das Programm „niere.schützen“ war sämtlichen befragten Hausärzt_innen bekannt. Als wichtiger Motivator für die Teilnahme zeigt sich der Benefit den Patient_innen durch die Teilnahme am Programm haben. Diesen Patientennutzen benannten die Hausärzt_innen in Form von Früherkennung, Patientenadhärenz und Therapieoptimierung. Das Programm stellt eine Hilfe in der Primärprävention von CKD dahingehend dar, dass ärztliches Personal eine höhere Awareness im Bezug auf die Niere zeigt. Im Sinne der Sekundärprävention führt das Programm zu einem kritischeren Umgang mit nierenschädigenden Substanzen. Förderlich für die Teilnahme erweist sich auch die Finanzierung der nötigen Untersuchungen durch die Krankenkasse, wie auch eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit. Barrieren für die Teilnahme benannten die Hausärzt_innen als zu geringe oder fehlende Bewerbung des Programms, wie auch eine negative Assoziation gegenüber der am Programm beteiligten Gebietskrankenkasse. Inhaltliche Anwendungsbarrieren zeigten sich in Form von Unverständlichkeit in der Anwendung oder durch Diskrepanzen mit den anzuwendenden Laborparametern. Auch der administrative Zusatzaufwand bei der starken Belastung in der täglichen Praxis ist eine Grund, nicht am Programm teilzunehmen. Bemängelt wurde ebenfalls die fehlende finanzielle Vergütung des Arbeitsaufwandes wie auch die mangelnde Verfügbarkeit von Fachärzt_innen.
Schlussfolgerung
Um eine Attraktivitätssteigerung des Programms zu erreichen, müssten verschiedene Maßnahmen durchgeführt werden. Eine erneute Bewerbungsaktion um die Informationen des Programms an die Ärzt_innen zu übermitteln sollte stattfinden. Weitere Seminare und Fortbildungen sollten forciert werden, und so auch das E-Learning besser etabliert werden. Unabhängig von der Überweisung zu Fachärzt_innen sollten Schulungsprogramme für Patient_innen entwickelt werden. Beim Auftreten der GKK sollte mehr das Verhältnis als Vertragspartner und nicht als Kontrollinstanz kommuniziert werden. Eine Honorierung des ärztlichen Arbeitsaufwandes sollte vorgenommen werden. Vereinfachungen des administrativen Aufwandes wären umzusetzen, wie auch die Entwicklung eines Behandlungspfades für die allgemeinmedizinische Versorgung von Nierenpatient_innen. Wünschenswert wäre ebenso die Kreation eines einheitlichen kardiovaskulären DMP „niere/herz/diabetes“. Durch gezielte Änderungen des Programms „niere.schützen“, unter Beachtung der benannten Motivatoren und Barrieren, könnte die Implementierung des Programms in den steirischen Hausarztpraxen optimiert werden.