Gewählte Publikation:
Nussbaumer, G.
Zuweisungsverhalten, Abklärungsablauf und diagnostische Latenz bei Kindern mit Retinoblastom in Österreich
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] ; 2018. pp. 89
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Benesch Martin
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Ritter-Sovinz Petra
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung
Retinoblastome manifestieren sich am häufigsten mit einer Leukokorie, seltener mit einem Strabismus. Erkennung und Interpretation verdächtiger Symptome mit anschließender sofortiger Zuweisung an ein spezialisiertes Zentrum sind Grundvoraussetzungen, um eine Therapieverzögerung zu vermeiden.
Methodik
Es wurden retrospektiv Erstsymptom, Zeitspanne bis zur ärztlichen Erstvorstellung, Fachgruppenzugehörigkeit des ärztlichen Erstkontaktes, Zuweisungsverhalten, Abklärungsablauf und diagnostische Latenz bei 51 Kindern, die von Mai 1997 bis Mai 2017 mit einem Retinoblastom an der Grazer Kinderklinik behandelt wurden, untersucht. Die Daten wurden aus der ärztlichen Dokumentation und den Mutter-Kind-Pässen erhoben und gegebenenfalls durch persönliche Kontaktaufnahme vervollständigt.
Ergebnisse
8 Kinder (15,7%) hatten ein familiäres, 43 (84,3%) ein sporadisches Retinoblastom. Kinder mit einem unilateralen Retinoblastom (n=26; 60,5%) waren bei Diagnosestellung im Mittel 24,7 Monate, Kinder mit einem bilateralen Retinoblastom (n=17; 39,5%) im Mittel 10,9 Monate alt. Von den 43 Kindern mit sporadischem Retinoblastom präsentierten sich 20 (46,5%) initial mit einer Leukokorie und 13 (30,3%) mit einem Strabismus. Bei 10 Kindern (23,2%) fand sich kein oder ein anderes Erstsymptom. 12 Kinder (27,9%) zeigten sequenziell mehr als ein Symptom. Im Median bestand kein signifikanter Unterschied zwischen Erstsymptom Leukokorie und Erstsymptom Strabismus bezüglich der Zeitspanne zwischen erstmaligem Auftreten und ärztlicher Erstvorstellung (2 Wochen). In 21 Fällen (48,8%) wurde ein Augenfacharzt/eine Augenfachärztin, in 20 (46,5%) ein Kinderfacharzt/eine Kinderfachärztin und in 2 (4,7%) ein Facharzt/eine Fachärztin für Allgemeinmedizin in Anspruch genommen. Nach Erstvorstellung bei einem Augenfacharzt/einer Augenfachärztin bzw. einem Facharzt/einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vergingen im Median 5 bzw. 11 Tage bis zur Diagnosestellung. In 7 Fällen (16,3%) (Leukokorie n=5; Strabismus n=2) dauerte die Symptomabklärung >28 Tage, weil nach ärztlichem Erstkontakt primär eine watch-and-wait-Strategie vereinbart wurde. Im Median wurden bis zur Diagnosestellung 3 Versorgungseinrichtungen (Spannweite 2-5) in Anspruch genommen.
Zusammenfassung
Der Diagnoseweg von Kindern mit einem sporadischen Retinoblastom ist komplex und von vielen, unterschiedlich stark gewichteten Faktoren abhängig. Vor allem Erstsymptom, ärztlicher Erstkontakt und Anbindung an das Gesundheitssystem wirken sich besonders auf die Zeit bis zur Diagnosestellung aus. Obwohl die diagnostische Latenz in Einzelfällen aus verschiedenen Gründen lang war, erfolgte die Abklärung und Diagnose bei Kindern mit Retinoblastom in Österreich generell rasch und verzögerungsfrei.