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Hochstraßer, D.
Die Auswirkungen kardiovaskulärer Risikofaktoren auf Läsionslast und mikrostrukturelle Veränderungen bei Patientinnen und Patienten mit früher Multipler Sklerose
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2018. pp. 99
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Enzinger Christian
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Pichler Alexander
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- Abstract:
- Hintergrund: Das Vorhandensein von kardiovaskulären Risikofaktoren wie Nikotinkonsum, arterieller Hypertonus oder Diabetes mellitus bei Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ist assoziiert mit einer rascheren Krankheitsprogression und Zunahme der Behinderung. Ein genauer Pathomechanismus hierfür konnte bis dato nicht identifiziert werden.
Ziel der Arbeit war es daher zu untersuchen, ob zwischen MS-Patientinnen und Patienten, die keinen kardiovaskulären Risikofaktor aufweisen (CV-) und jenen die mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor tragen (CV+), ein Unterschied in Läsionslast, Mikrostruktur der „normal-appearing white matter“ (NAWM), Mikrostruktur der periventrikulären (PVL) sowie der nicht periventrikulär lokalisierten Läsionen (NPV) inklusive umliegendem periläsionellem Gewebe besteht.
Methoden: Untersucht wurde eine 107 Patientinnen und Patienten umfassende gut dokumentierte Kohorte der MS Ambulanz der Universitätsklinik für Neurologie Graz, bestehend aus 67 Patientinnen und Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS) und 40 Patientinnen und Patienten mit klinisch definitiver MS. Retrospektiv wurden kardiovaskuläre Risikofaktoren (arterielle Hypertonie, Diabetes Mellitus, Zigarettenkonsum, Hyperlipidämie, Übergewicht und Adipositas und andere Herzerkrankungen) erhoben.
MS-Läsionen wurden halbautomatisch auf FLAIR-Sequenzen (fluid attenuated inversion recovery) segmentiert. Die periventrikuläre Läsionslast (PVLL) wurde durch Generierung von Ventrikelmasken und Multiplikation dieser mit einem, den periventrikulären Raum definierenden, Voxel Faktor erzeugt. NAWM wurde durch Subtraktion nicht erwünschter Hirnbestandteile (Läsionen, Stammganglien etc.) von „white matter“ (WM) Masken identifiziert. Außerdem wurden die MTR Daten der NAWM der Studienkohorte mit einer 50 Personen umfassenden, gesunden Kontrollgruppe verglichen.
Ergebnisse: In der Gesamtläsionslast zeigte sich keinen Unterschied zwischen CV- und CV+ Patientinnen und Patienten. Ein deutlicher Unterschied konnte jedoch in der Läsionsverteilung nachgewiesen werden. CV+ Patientinnen und Patienten wiesen eine höhere PVLL auf (50,1% vs. 40,1%, p = 0,013).
Die MTR-Parameter der NAWM, der PV und der NPV Läsionen zeigten zwischen den beiden Gruppen (CV- vs. CV+) keine signifikanten Unterschiede. Im periläsionellen Gewebe wiesen Studienpatientinnen und Studienpatienten ohne Risikofaktor niedrigere MTR-Werte auf. Die Signifikanz dieser Unterschiede nahm mit steigendem Abstand zur Läsion zu.
Verglichen mit der Kontrollgruppe zeigte die Studienkohorte im Bereich der NAWM deutlich niedrigere MTR-Werte. (p<0,001)
Diskussion: Patientinnen und Patienten mit einem oder mehreren kardiovaskulären Risikofaktoren zeigten eine höhere PVLL, was für eine besondere Vulnerabilität durch vaskuläre Vorschädigung in dieser Region sprechen könnte und dadurch entzündliche Prozesse hier verstärken könnte. Vor allem das Rauchen konnte hier als potente Einflussgröße und schädlicher Faktor identifiziert werden. Hinsichtlich Läsionsvolumen und mikrostrukturellen Veränderungen konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Die unerwartet niedrigen MTR-Werte im periläsionellen Gewebes bei Patientinnen und Patienten ohne kardiovaskulären Risikofaktor könnten auf unterschiedliche Entstehungsmechanismen der Läsionen hinweisen.