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Yedikardachian, D.
Triggerpunkt-Therapie und deren Kombination mit der Manuellen Lymphdrainage in der Migräne-Prophylaxe - Eine Pilot-Studie
Doktoratsstudium der Medizinischen Wissenschaft; Humanmedizin; [ Dissertation ] Graz Medical University; 2017. pp.351
[OPEN ACCESS]
FullText
- Authors Med Uni Graz:
- Advisor:
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Fazekas Franz
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Lechner Anita
- Altmetrics:
- Abstract:
- Migräne ist eine häufige und unterbehandelte Krankheit, die circa 15% der weltweiten Bevölkerung, während der prägenden und produktivsten Phasen ihres Lebens im Alter zwischen 22 und 55 Jahren betrifft. Die Migräne ist durch stark behindernde, wiederkehrende, meist einseitige, pulsierende Kopfschmerzen gekennzeichnet, die üblicherweise von Übelkeit und/oder Erbrechen, Lärm- und Lichtscheu begleitet sind und durch körperliche Routine-Aktivität verstärkt werden. Für die Betroffenen ist sie eine Hauptursache für Behinderung, einschließlich fehlender Arbeits- oder Schultage und Beeinträchtigung der Lebensqualität. Aus dem Hintergrund der höheren Häufigkeit perikranialer myofaszialer Triggerpunkte (TrPs) bei Migräne-Patientinnen als Menschen ohne Migräne, einer zervikalen Komponente nach den Kriterien der Cervicogenic Headache International Study Group und der International Headache Society bei vielen solchen Patientinnen und der empirischen Erfolge der Autorin dieser Arbeit (und Physiotherapeutin dieser Pilot-Studie) mit Triggerpunkt-Therapie (TP-Therapie) und Manueller Lymphdrainage (LD) bei Kopfschmerz- und Migräne-Patientinnen wurde diese Pilot-Studie mit diesen Manualtherapien bei Migräne durchgeführt.
Ziel der Pilot-Studie war es zu erforschen, welchen Effekt die TP-Therapie und deren Kombination mit LD (TPLD) während der Behandlungperiode und bis acht Wochen nach den Therapien im Vergleich zur Baseline-Daten und zu einer Warte-Vergleich-Gruppe (KG).
Die vorliegende Pilot-Studie zeigte, dass die TP-Therapie und die TPLD bei Migräne-Patientinnen praktikable, gut akzeptierte und hilfreiche Interventionen sein können. Die perikraniale TP-Therapie und die TPLD wiesen bis acht Wochen nach Therapie eine signifikante Wirksamkeit in der Prophylaxe der Migräne und der Steigerung der Lebensqualität im Vergleich zu keiner Therapie in einer Warte-Vergleichsgruppe. Die Kombination beider Therapieoptionen war für einige Parameter effektiver als die alleinige TP-Therapie. Die TPLD-Gruppe zeigte an jedem Messpunkt im Vergleich zu KG einen signifkanten Unterschied (P=0,001) betreffend die Responder und vier Wochen nach Therapie im Vergleich zur TP-Gruppe (P=0,045) betreffend die Responder auf Migräneattacken und -Tage. Über die gesamte Studiendauer wurden 18/26 Patientinnen mindestens einmal Responder auf Migräneattacken, -Tage und Kopfschmerztage und 21/26 auf Migräneattacken, -Tage oder Kopfschmerztage, von denen wiesen alle eine zervikale Komponente am Anfang der Studie. Wie und warum Manualtherapien bei einer primären und sehr schweren Kopfschmerzart wie die Migräne überhaupt eine Wirkung zeigen ist aus dem heutigen Stand der evidence based medicine unklar. In einigen Studien werden Erklärungsmodelle für die Wirkungsweise dieser Therapien geliefert, jedoch ohne dass sich dieses fragmentarische Wissen im Kreise der Kopfschmerz-Spezialisten bzw. Manualtherapeuten etabliert hätte.
Mit der Überlegung der möglichen höheren Häufigkeit perikranialer TrPs bei Migräne-Patientinnen, peripherer und zentraler Sensibilisierungsprozesse in limbischen, vegetativen und somato-sensorischen Systemen, die von perikranialen TrPs ausgehen könnten und der unterschiedlichen individuellen Ansprache auf die TP und TPLD (12% bis 100% Reduktion der Migräneattacken und Migräne-Tage) werden die Diagnosekriterien, die pathophysiologischen Modelle und das Therapiekonzept der Migräne herausgefordert. Das ist ein weiteres Gebiet der Kopfschmerzforschung, das aktualisiert werden sollte. Ein psychosoziales, lebensstilbezogenes und neuromuskuloskeletales Screening der Patientinnen scheint vernünftig für adäquate Therapie-Empfehlungen und -Anpassungen mit sehr gutem Erfolgsversprechen.