Gewählte Publikation:
Zernatto, A.
Limitationen in der Anwendung von Lokalanästhetika im zahnärztlichen Bereich
Zahnmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2017. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Beubler Eckhard
- Altmetrics:
- Abstract:
- Die lokale Anästhesie nimmt in der zahnärztlichen Behandlung eine Schlüsselrolle ein, da nur durch eine vollständige Schmerzausschaltung während der Behandlung eine gesundheitsfördernde zahnärztliche Maßnahme ohne darauffolgender psychischer und physischer Traumatisierung möglich ist. Die Lokalanästhesie wird durch eine örtlich begrenzte und reversible Hemmung der Schmerzleitung und somit der Schmerzempfindung eines umschriebenen Bereiches definiert. Lokalanästhestische Wirkstoffe können im Rahmen von Oberflächen-. Leitungs-, Infiltrations- oder auch Spinalanästhesien eingesetzt werden. Im Jahre 1881 formulierte die Versammlung des Skandinavischen Zahnärztlichen Vereins, dass eine Zahnextraktion in solch einer Schnelligkeit durchführbar sei, sodass der Patient sie ohne Betäubung ertragen könne. Diese Auffassung wurde bereits 1884 durch die Herstellung der ersten injektionsfähigen Lösung von Cocain abgelöst. Heute werden zur Schmerzausschaltung allein in Deutschland jährlich circa 70 Millionen Lokalanästhesien von Zahnärzten durchgeführt, wobei sie eine relativ hohe Komplikationsrate mit 4-5\% der Anwendungen aufweisen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Grenzen in der Anwendung der Lokalanästhetika bewusst zu machen in der Hoffnung, die Komplikationsrate positiv beeinflussen zu können. Nach der chemischen Struktur werden 2 Gruppen von Lokalanästhetika unterschieden, die Aminoester und die Aminoamide. Die Aminoester sind heute nur noch selten im Einsatz, da sie aufgrund ihrer hohen Komplikationsrate auch in der Zahnmedizin von den Aminoamiden abgelöst wurden. Sie werden hauptsächlich als Kombinationspräparate mit Catecholaminen verabreicht, wodurch der Abtransport des Wirkstoffes aus dem Zielgewebe verlangsamt wird und die Nebenwirkungen reduziert werden. Dieser Einsatz wird jedoch durch diverse Faktoren limitiert, wie z.B. durch Patienten mit Herzinsuffizienz, Asthma oder Diabetes. Einerseits ergeben sich Indikationseinschränkungen für das beigemengte Catecholamin und andererseits für das Lokalanästhetikum selbst. Allergien gegen das Lokalanästhetikum selbst, heutzutage meist vom Amidtyp, sind äußerst selten, jedoch gibt es Sensibilisierungen gegen beinhaltende Konservierungsmittel. Neben der systemischen und lokalen Toxizität der Lokalanästhetika ist für den Behandler wichtig Arzneimittelinteraktionen und psychogene Komplikationen abzuwägen. Des weiteren ist die Wahl und die exakte Durchführung der Applikationstechnik von großer Bedeutung für eine suffiziente Schmerzausschaltung. Eine Besonderheit stellt hierbei die Lokalanästhesie bei Kindern und Jugendlichen dar, da gerade hier durch eine suffiziente Analgesie die Folgen mangelnder Hygiene effizient bekämpft werden können. Die Lokalanästhesie stellt, vor allem im europäischen Raum, den Goldstandard zur Analgesie während der Zahnbehandlung dar. Es gibt auch andere Methoden, wie die sogenannte "'conscious sedation"' mit Lachgas oder gar die Vollnarkose, die vor allem für besonders ängstliche oder für geistig retardierte Patienten eine Alternative bieten. Das Phänomen, dass sich die Anwendung von Lachgas im angloamerikanischen Raum gleichwertig etabliert hat, wie am europäischen Festland die Lokalanästhesie, spricht dafür, dass die Wahl des Verfahrens in erster Linie von der Erfahrung des Behandlers abhängt. Das Komplikationsrisiko durch Lokalanästhetika bleibt ein wichtiger Aspekt der zahnmedizinischen Behandlung, der einerseits ein Wissen und Können des Behandlers voraussetzt und andererseits dem Nutzen für die Zahn- und Mundgesundheit der Bevölkerung unterliegt.