Gewählte Publikation:
Steinkellner, M.
Pharmakologische Mechanismen zur Behandlung depressiver Störungen
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2018. pp. 72
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Beubler Eckhard
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Donnerer Josef
- Altmetrics:
- Abstract:
- Depressionen zählen heute zu den häufigsten psychischen Störungen und nehmen aufgrund ihrer gesellschaftlichen und individuellen Bedeutung einen hohen Stellenwert ein. Depressionen stellen ein wachsendes Gesundheitsproblem dar und gehören mit zu den häufigsten Gründen für Erwerbsunfähigkeit. Man kann sie heutzutage durchaus zu den wichtigsten „Volkskrankheiten“, wie Diabetes mellitus sowie kardio- oder zerebrovaskuläre Erkrankungen, zählen. Laut WHO werden affektive Störungen bis zum Jahr 2020 weltweit zu den zweithäufigsten Erkrankungen zählen. Für die Entstehung depressiver Störungen scheinen verschiedenste Faktoren ursächlich eine Rolle zu spielen, welche bislang noch nicht restlos geklärt sind. Es wird heute von einer multifaktoriellen Äthiopathogenese ausgegangen. Der erste Teil dieser Arbeit behandelt neben Ätiologie und Pathogenese dieser Erkrankung auch die Klassifikation, Klinik und Symptomatik sowie Diagnostik und Differenzialdiagnostik. Neben psychotherapeutischen und biologischen Verfahren, werden Depressionen primär medikamentös behandelt. Im Hauptteil der vorliegenden Arbeit, werden die pharmakologischen Mechansimen der antidepressiven Pharmaka dargestellt.Antidepressiva stellen angesichts ihrer chemischen Struktur eine sehr heterogene Gruppe von Pharmaka dar, haben aber die Modulation der monoaminergen Transmission gemeinsam. So zielen die meisten von ihnen darauf ab, die serotonerge, noradrenerge und/oder dopaminerge Transmission zu verstärken. Die Hauptwirkmechanismen beruhen im Wesentlichen auf einer Hemmung von Neurotransmittertransportern mit einer Wiederaufnahmehemmung der entsprechenden Transmitter, einem Antagonismus an Neurotransmitterrezeptoren und durch Hemmung von monoaminabbauenden Enzymen. Während die älteren trikzyklischen Antidepressiva nichtselektiv die Serotonin- und Noradrenalinwiederaufnahme hemmen und auch auf verschiedene Rezeptoren wirken, hemmen später entwickelte Substanzen, wie z.B. SSRI und SNRI, selektiv den Serotonin- oder Noradrenalintransporter. Auch kombinierte selektive Wiederaufnahmehemmer wie Serotonin-Noradrenalinwiederaufnahmehemmer (SSNRI) und der kombinierte Noradrenalin-Dopaminwiederaufnahmehemmer (NDRI) Bupropion zeigen vergleichsweise antidepressive Effekte. Neben der serotonergen, noradrenergen und dopaminergen Transmission scheinen aber auch noch andere Transmittersysteme und Rezeptorsysteme des ZNS eine Rolle zu spielen. So handelt es sich bei Agomelatin um einen Melatoninrezeptoragonist. Das Phytopharmakon Johanniskraut scheint Ionenkanäle zu modulieren und neben der Wiederaufnahmehemmung der Monoamine auch das GABAerge- und glutamaterge System zu beeinflussen. Tianeptin, welches von der Wirksamkeit SSRI und Trizyklika vergleichbar ist, arbeitet in entgegengesetzter Weise. Es senkt die extrazelluläre 5-HT-Konzentration, also ein Serotoninwiederaufnahmeverstärker. Es scheint aber auch über das glutamaterge System zu wirken und ist auch ein Agonist an Opioidrezeptoren. Auch der NMDA-Glutamatrezeptorantagonist Ketamin hat in neuesten Studien vielversprechende antidepressive Ergebnisse erzielt. Der antidepressive Wirkmechanismus stellt sich sehr komplex dar und ist nicht nur über die Modulation des serotonergen, noradrenergen und dopaminergen Systems zu erklären.