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Selected Publication:

Pfleging, I.
Die Beschreibung und Behandlung von Suchterkrankungen aus einer neuroevolutionären Perspektive
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2017. pp. [OPEN ACCESS]
FullText

 

Authors Med Uni Graz:
Advisor:
Unterrainer Human-Friedrich
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Abstract:
Der Konsum psychotroper Substanzen ist in der heutigen Gesellschaft allgegenwärtig. Eine der schwerwiegendsten Folgen, die mit dem Konsum einhergehen können, stellt die Suchterkrankung dar. Suchtverhalten ist auch bei Tieren zu beobachten. Die Fragestellung über die neuroevolutionären Ursprünge von Suchtverhalten wird anhand einer Literatur-recherche versucht zu beantworten. Es zeigt sich, dass sich psychotrope Substanzen an en-dogene Rezeptoren von Hirnstrukturen binden, die für das Streben nach steigender „biologischer Fitness” verantwortlich sind. Das Erleben positiver Emotionen wird als die treiben-de Kraft für diese Verhaltensabläufe gesehen. Genetische Faktoren können zu Verstärkung oder Minderung der positiven Emotionen führen und somit auf die Entwicklung süchtigen Verhaltens Einfluss nehmen. Im Fachgebiet der Affektiven Neurowissenschaften bilden Affekte die Forschungsgrund-lage. Affekte werden als evolutionäre Grundemotionen angesehen, die alle Säugetiere und somit auch Menschen miteinander teilen. Auf Affektstimulierung folgt ein unkonditionier-tes motorisches Verhaltensmuster, welches elementar für die Erhaltung und Steigerung biologischer Fitness ist. Aus Sicht der Affektiven Neurowissenschaften liegt bei der Entstehung von Suchtverhalten eine Dysregulation des dopaminergen SEEKING- Systems sowie ein Problem im opioidabhängigen PANIC/GRIEF- System vor. Eine Aktivierung (SEEKING) bzw. Hemmung (PANIC/GRIEF) der Systeme durch psychotrope Substanzen signalisiert dem/ der KonsumentIn einen großen Gewinn an biologischer Fitness. Mensch und Tier sind nicht in der Lage zwischen einem realen und artifiziellen Gewinn biologischer Fitness zu unterscheiden. Dies führt zu den verheerenden Folgen des chronischen Substanzmittelkonsums. Die Stimulierung der Grundemotionen hängt von neurochemischen Prozessen ab. Diese sind von genetischen Prädispositionen abhängig. Zudem sind sie, über epigenetische Prägung, von Umweltfaktoren beeinflussbar. Die neuroevolutionäre Sicht-weise zeigt auf, dass die Entwicklung von Suchtverhalten von Interaktionen zwischen bio-logischen, emotionalen/psychischen und sozialen Prozessen abhängig ist. Im Blick auf die neurochemischen Grundlagen der Emotionsprozesse lassen sich neue Therapieimplikationen ableiten.

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