Gewählte Publikation:
Malzer, C.
Verbesserung der Sprachflüssigkeit bei PatientInnen mit frontotemporaler Demenz, insbesondere mit progressiver nicht-flüssiger Aphasie – eine Fallstudie
Kann die Spontansprache bei PatientInnen mit einer neurodegenerativen Erkrankung wie der progressiv nicht-flüssigen Aphasie nach einem vierwöchigen, audio-visuellen Sprachtraining verbessert werden?
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] 5; 2017. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Leal Garcia Sabrina
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Painold Annamaria
- Altmetrics:
- Abstract:
- Die frontotemporale Demenz ist die zweithäufigste Demenzform und hat ein vielfältiges Muster. Diese neurodegenerative Erkrankung kann sich entweder in Form von Verhaltensauffälligkeiten als behaviorale Variante oder bei Diagnose einer primär progressiven Aphasie mit vorrangigen Sprachstörungen präsentieren. Letztere kann wiederum in drei Unterformen gegliedert werden: die primär nicht-flüssige Aphasie, die semantische Demenz und die logopenische Aphasie.
Da derzeit zu Therapiemöglichkeiten nur Studien mit geringer Fallzahl existieren und die Compliance der PatientInnen im progredienten Krankheitsfortschritt zunehmend eingeschränkt ist, stellt die therapeutische Unterstützung der Betroffenen eine große Herausforderung dar. Mit Hilfe eines vierwöchigen, audiovisuellen Sprachtrainings wurde bei drei Patientinnen mit primär nicht-flüssiger Aphasie (PNFA) ein individueller Heilversuch durchgeführt. Die PNFA ist durch eine stockende, angestrengte Sprache mit deutlich reduzierter Sprechrate und Agrammatismus gekennzeichnet. Bei dem audio-visuellen Sprachtraining („speech entrainment“) handelt es sich um synchrones Mitsprechen von Texten. Diese Methode hat bereits bei einer Studie mit PatientInnen, die einen Schlaganfall erlitten haben, Erfolge im Sinne einer Erhöhung der Sprechflüssigkeit gezeigt (2).
Der primäre Outcome dieses Heilversuches wurde mit „verschiedene Wörter pro Minute“ festgelegt und anhand von Sprachaufnahmen von Erzählungen einer unbekannten Bilderbuchgeschichte bei den drei Visiten im Abstand von einem Monat erhoben. Der sekundäre Outcome beinhaltet die „Wörter pro Minute“ erhoben von der Bilderbuchgeschichte, sowie die „verschiedenen Wörter pro Minute“ und „Wörter pro Minute“ einer zusätzlichen Bildbeschreibung, die subjektive Schwere der Aphasie beurteilt durch die PatientInnen und deren Angehörigen als auch den Communicative Effectiveness Index.
Der gewünschte deutliche Effekt der Verbesserung der Sprachflüssigkeit in der Spontansprache wurde in den Outcome-Parametern nicht gesehen, wobei zumindest alle drei PatientInnen und zwei Angehörige über eine leichte Verbesserung nach dem sogenannten Speech Entrainment berichtet haben.
Im Vergleich zur Fridriksson-Studie (2) könnte die fehlende Wirksamkeit der Intervention an dem unterschiedlichen und geringeren PatientInnenkollektiv und begleitenden neuropsychologischen Schäden liegen. Weitere Studien mit einer größeren Anzahl an PatientInnen erscheinen notwendig und indiziert.
Darüber hinaus gab es in den letzten Jahren viele neue Errungenschaften durch die Entdeckung neuer Biomarker und genetischer Mutationen sowie das Verständnis der Tau-Pathologie. Auch der nicht-invasiven Hirnstimulation und anderen nicht-medikamentösen Behandlungen wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Letztendlich ist es auch wichtig, die Angehörigen zu begleiten und ihnen ausreichend Hilfe anzubieten.