Gewählte Publikation:
Naumann, N.
DIE PRÄIMPLANTATIONSDIAGNOSTIK UND DAS RECHT AUF
FORTPFLANZUNG: Eine ethische Reflexion
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2017. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Petek Erwin
-
Wenninger Julian
- Altmetrics:
- Abstract:
- In der Präimplantationsdiagnostik (PID) werden genetische Analysemethoden an
Biopsien extrakorporaler Embryonen durchgefu¨hrt. Die PID wird in Zentren mit hoher
Expertise primär fu¨r die Detektion monogen vererbbarer Erkrankungen, sowie bei
strukturellen und numerischen Chromosomenaberrationen angewendet. Die Untersuchung
der durch IVF erzeugten Embryonen dient der Entscheidung, welche Embryonen in den
Uterus transferiert werden. Derzeit werden hauptsächlich die PCR, die CGH, die arraybasierte
CGH und die FISH eingesetzt. Zuku¨nftig könnten die digitale PCR, die
quantitative real-time PCR und SNP-Arrays eine Rolle spielen. Die PID ist europaweit
erlaubt und u¨berwiegend gesetzlich reguliert, ein einheitliches
Fortpflanzungsmedizingesetz existiert nicht. In Österreich ist die PID seit Anfang 2015
durch das Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz zugelassen und reguliert.
Ausgehend vom Stand der Technik in der PID werden in der vorliegenden Arbeit ethische
Konfliktpunkte der PID aufgezeigt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der reproduktiven
Autonomie der Frau und möglichen Missbrauchstendenzen der PID.
Abhängig von der Gewichtung des moralischen Status eines fru¨hen Embryos, wird ihm in
der wissenschaftlichen Debatte ein Recht auf Leben zugeschrieben oder nicht. Der
Begru¨ndung beider diametral gegenu¨ber stehenden Positionen, liegen unterschiedliche
Moraltheorien zu Grunde. Das Recht, u¨ber die eigene Fortpflanzung selbstbestimmt zu
entscheiden, ist in Europa ein anerkanntes Grundrecht. Befu¨rworter der
Präimplantationsdiagnostik sehen in ihr eine die reproduktive Autonomie der Frau
unterstu¨tzende Wahlmöglichkeit. Kritiker entgegnen, dass die PID als eine Methode im
Dienste einer leistungsorientierten Gesellschaft zu sehen sei, in der u¨ber Medien ein
idealisiertes Bild der Familie vermittelt wird. Eine mögliche Ausweitung der PID von der
Krankheitsprävention in Richtung eugenischer Selektion sei zu befu¨rchten. Weiterhin
könnte die PID nicht auf Einzelfälle beschränkt bleiben und die Bereitschaft in der
Gesellschaft sinken, kranke und behinderte Menschen sozial zu inkludieren.
Eine staatliche Regulierung ist daher unabdingbar um zu verhindern, dass modernster
Stand der Wissenschaft und Nachfrage die Praxis der PID bestimmen. Der Begriff der
Menschenwu¨rde ist philosophisch vielschichtig und hat in bioethischen Debatten weiterhin
auch seine Berechtigung. Bei den verschiedenen Möglichkeiten, die reproduktive
Autonomie der Frau zu unterstu¨tzen, du¨rfen zwischenmenschliche Aspekte innerhalb des
sozialen Umfeldes nicht außer Acht gelassen werden. Als hochkomplexe Methode der
Humangenetik und Reproduktionsmedizin wird die Zulassung und Praxis der PID auch
ku¨nftig stets neu zu diskutieren und ethisch zu legitimieren sein.