Gewählte Publikation:
Danner, U.
Der ABC -
Entwicklung und Evaluierung des Awareness Body Chart
mit praktischer Anwendung bei Menschen mit Bipolarer Erkrankung
Doktoratsstudium der Medizinischen Wissenschaft; Humanmedizin; [ Dissertation ] Graz Medical University; 2017. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Avian Alexander
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Kapfhammer Hans-Peter
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Macheiner Tanja
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Reininghaus Eva
- Altmetrics:
- Abstract:
- Ziel der vorliegenden Arbeit
Die Körperwahrnehmung spielt eine Schlüsselrolle im Bereich des Wohlbefindens des Menschen. Veränderungen der Körperwahrnehmung können insbesondere im Rahmen von somatischen, aber auch psychischen Störungen auftreten. Bei der Bipolaren Erkrankung (Bipolar Disorder, BD), die durch krankhafte Stimmungsschwankungen charakterisiert ist, sind Störungen der Körperwahrnehmung im Verlauf der Erkrankung zwar bekannt, aber noch unzureichend untersucht. Die Untersuchung der Körperwahrnehmung wird zudem erschwert, weil es bislang nur eine geringe Anzahl an validen Testverfahren gibt. Die bestehenden Instrumente basieren zudem primär auf verbalen Messungen, die gerade bei Menschen mit psychischen Symptomen das Ergebnis deutlich beeinflussen können. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, ein neues nonverbales Tool zur Erhebung der Körperwahrnehmung zu entwickeln, es auf seine Dimensionalität, Reliabilität und Validität zu testen und Informationen über seine Anwendbarkeit in einer klinischen Studie bei PatientInnen mit BD zu bekommen.
Methode
Das im Rahmen dieser Arbeit konzipierte Instrument „ABC“ – Awareness Body Chart – erhebt mittels sogenannter Körperlandkarten (Körperskizzen mit 51 Unterteilungen zum Anmalen) die subjektive Wahrnehmung einzelner Körperteile bzw. des gesamten Körpers. Beim Anmalen der einzelnen Körperregionen stehen – je nach Intensität der jeweiligen Wahrnehmung – fünf verschiedene Farben zur Auswahl. In einer Fragebogenerhebung mit 106 Studierenden (79 Studentinnen und 27 Studenten) der FH Joanneum Graz, Bachelor Studiengang Physiotherapie, wurden die psychometrischen Eigenschaften des ABC und Korrelationen mit dem „Kurzen Fragebogen zur Eigenwahrnehmung des Körpers“ (KEKS) sowie dem Beck-Depression-Inventory-II (BDI-II) überprüft. Im Rahmen einer Interventionsstudie mit PatientInnen der Ambulanz für BD der Medizinischen Universität Graz wurde der ABC bei 41 PatientInnen mit BD (20 Frauen, 21 Männer) eingesetzt und auf seine Validität (Korrelation mit KEKS, BDI-II, Hamilton Depression Scale, Young Mania Rating Scale und Body Mass Index, Vergleich mit Gesunden, Vergleich mit Nachuntersuchung und Follow-up-Untersuchung) getestet.
Ergebnis
Vierzehn Köperteile und ein Gesamtscore konnten identifiziert werden. Diese zeigten eine akzeptable bis hohe interne Konsistenz (Cronbach a = 0,64 – 0,97) sowie eine akzeptable bis hohe Test-Retest-Reliabilität (¿ = 0,71 – 0,96). Die Korrelation mit dem KEKS bestätigte die Konstruktvalidität (r = 0,66, p < 0,001). Die Ergebnisse der Korrelationen mit dem BDI-II bei den Studierenden bzw. mit den zusätzlichen Tests bei den PatientInnen gingen ebenfalls konform mit der Literatur. Der Vergleich von Subgruppen innerhalb des Studierenden-Kollektivs bzw. der Vergleich mit den Werten der PatientInnen mit BD gab weitere Indikationen für die Validität des ABC. Zusätzlich zeichnete sich der ABC durch eine gute Akzeptanz seitens der PatientInnen aus.
Konklusion
Der ABC ist ein überall und sofort einsetzbares Instrument zur Erhebung der Wahrnehmungsintensität in den verschiedenen Körperteilen bzw. des gesamten Körpers. Er ist kostengünstig, nicht invasiv und unabhängig von den verbalen Fähigkeiten der untersuchten Person. Der ABC zeigt gute psychometrischen Testergebnisse. Er eröffnet neue Einblicke in Körperwahrnehmungsmuster von verschiedenen Subgruppen. Er kann sowohl für Forschungszwecke als auch für die klinische Arbeit eingesetzt werden, für Personen mit BD, aber auch weit darüber hinaus.