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Gewählte Publikation:

Isopp, T.
Hilfe oder Hilflosigkeit? Über den Off-Label-Einsatz von Medikamenten bei Kindern und Jugendlichen anhand ausgewählter Beispiele
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2016. pp. [OPEN ACCESS]
FullText

 

Autor*innen der Med Uni Graz:
Betreuer*innen:
Beubler Eckhard
Altmetrics:

Abstract:
Der Satz „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ lässt sich besonders in der Pharmakologie anwenden, wenn es aufgrund der speziellen Physiologie von Kinder- und Jugendlichen in allen Altersklassen zu Unterschieden in Pharmakodynamik und Pharmakokinetik kommen kann. Alle Lebensphasen haben eines gemein, nämlich die immer noch spärliche Datenlage von Arzneimittelstudien. Deshalb werden Medikamente in gewissen Fällen außerhalb der offiziellen Zulassung bezüglich des Alters oder der Indikation verabreicht, wenn eine Behandlung mit etablierten Therapiemethoden nicht erfolgversprechend war oder ist. In dieser Arbeit wird die Thematik der zulassungsüberschreitenden Anwendung bzw. des Off-Label-Use anhand von fünf Arzneistoffen näher beleuchtet. Dabei wurde eine Literaturrecherche in den Datenbanken Medline und Embase zu den gewählten Beispielen durchgeführt und aktuelle Ergebnisse diskutiert. Der Zugriff erfolgte systematisch auf digitale und gedruckte Medien und themenrelevante Inhalte wurden zur Beschaffung weiterer relevanter Literatur herangezogen. Die Wahl der Beispiele erfolgte dabei entweder aufgrund der Häufigkeit des Off-Label-Einsatzes bei einem bestimmten Krankheitsbild oder aufgrund der Häufigkeit einer Krankheit in einem gewissen Lebensalter des Kindes. So zählt der persistierende Ductus arteriosus zu den häufigsten angeborenen Herzkrankheiten, der vor allem bei Frühgeborenen mit einer erhöhten Inzidenz einhergeht, sodass mit Paracetamol ein vorzeitiger Verschluss erzielt werden kann, wenn mit dem zugelassenen Arzneistoff keine Therapie möglich ist. Im Säuglingsalter wird Salbutamol sehr häufig bei akuter Bronchiolitis verschrieben, obwohl selbst bei entsprechender Indikation bis dato kein eindeutiger Benefit in der Therapie nachgewiesen werden konnte. Ebenso kann es bei Säuglingen zu einem therapiebedürftigen gastroösophagealen Reflux kommen, bei welchem Protonenpumpenhemmer off-label als medikamentöse Behandlungsstrategie in Frage kommen, wenn konventionelle Methoden versagen. Aktuell ist auch das Thema der Depression bei Kindern und Jugendlichen, wobei zunehmend Citalopram aufgrund guter Erfahrung bei Erwachsenen verschrieben wird, obwohl es offiziell unter 18 Jahren nicht zugelassen ist. Das gleiche gilt für den Interleukin-1-Rezeptorantagonisten Anakinra, welcher vermehrt bei einem schweren Subtyp der juvenilen Arthritis erfolgreich eingesetzt wird. Mit Ausnahme des Beispiels mit Salbutamol konnte gezeigt werden, dass der Off-Label-Einsatz sogar geboten sein kann, wenn aufgrund von Nebenwirkungen oder Kontraindikationen eine Therapie mit herkömmlichen Arzneimittel nicht möglich ist. Positiv hervorzuheben ist auch das Bemühen auf politischer Ebene die Datenlage zu verbessern und kindergerechte Arzneimittelstudien zu urgieren. Dies führte zuletzt in Österreich zur Gründung eines nationalen Netzwerkes, welches Daten und Studien leichter verfügbar machen soll.

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