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Neururer, E.
Das vegetative Nervensystem und seine therapeutischen Ansätze im klinischen Alltag
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2016. pp. 77
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Beubler Eckhard
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Donnerer Josef
- Altmetrics:
- Abstract:
- In vielerlei Hinsicht ist das Nervensystem (lateinisch „Systema nervosum“) das komplizierteste, aber auch das faszinierendste funktionelle System des menschlichen Körpers: Es umfasst die Gesamtheit aller Nervenzellen (Neurone) und Gliazellen im Körper. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählen die Wahrnehmung von Reizen, deren Verarbeitung sowie das Auslösen angemessener Reaktionen. Das Nervensystem kann in ein zentrales Nervensystem (ZNS) und ein peripheres Nervensystem (PNS) gegliedert werden. Das Zentralnervensystem (ZNS) besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark. Die funktionelle Grundeinheit des Gehirns ist das Neuron, dessen Aufgabe es ist, Informationen zu einem anderen Neuron, einer Muskelzelle oder Drüsenzelle weiterzuleiten. Ein Neuron besteht aus einem Zellkörper (Perikaryon), einem oder mehreren Dendriten und aus einem Neurit (Axon). Das PNS setzt sich aus Hirn-und Spinalnerven, mit den dazugehörigen Ganglien, zusammen. Funktionell betrachtet wird das PNS weiters in ein vegetatives (auch autonomes oder viszerales) Nervensystem und ein somatisches Nervensystem unterteilt. Während das somatische (auch animalische) Nervensystem die willkürlichen und reflektorischen Körperaktionen steuert, arbeitet das vegetative Nervensystem ohne bewusste Steuerung (autonom). Es steuert alle vegetativen Parameter, wie z.B Kreislauf, Atmung, Körpertemperatur, Wasserhaushalt, Verdauung, Stoffwechsel, Fortpflanzung und innerviert motorisch vornehmlich die glatte Muskulatur der inneren Organe und Gefäße, sowie exokrine und endokrine Drüsen. Hinsichtlich funktioneller und struktureller Aspekte wird das vegetative Nervensystem in drei Teile gegliedert: Sympathikus, Para-sympathikus und enterisches Nervensystem. In Zeiten von Stress und körperlicher Erregung stellt der Sympathikus Energie und Ressourcen bereit und hat somit eine aktivitätssteigernde Wirkung auf den Körper. Im Gegensatz dazu stellt der Parasympathikus seinen Dienst ganz in die Erholung des Körpers, indem er Leistungsreserven aufbaut und Energie speichert. Obwohl die Wirkungsweise von Sympathikus und Parasympathikus größtenteils gegensätzlich (antagonistisch) ist, arbeiten beide Systeme eng miteinander zusammen, um die Stabilität des inneren Körpermilieus (Homöostase) aufrecht zu erhalten. Für die Informationsübertragung im vegetativen Nervensystem werden Botenstoffe (Transmitter) benötigt. Wird durch ein ankommendes Aktionspotential die Nervenendigung depolarisiert, verschmelzen die mit Transmittern gefüllten Vesikel mit der präsynaptischen Membran. Die in den synaptischen Spalt ausgeschütteten Transmitter binden an der postsynaptischen Membran an spezielle Membranproteine, sogenannte Rezeptoren. Man unterscheidet exzitatorische (erregende) und inhibitorische (hemmende) Rezeptoren. Die häufigsten Transmitter die von Neuronen im vegetativen Nervensystem freigesetzt werden, sind Acetylcholin (AcH), Noradrenalin und Adrenalin. Nervenfasern, die Acetylcholin freisetzen, werden als cholinerge Fasern bezeichnet. Dazu zählen alle präganglionäre Fasern des vegetativen Nervensystems, sowohl sympathische als auch parasympathische, sowie alle postganglionäre Fasern des parasympathischen Systems und einige sympathische postganglionäre Fasern. Acetylcholin bindet an zwei Arten von Rezeptoren: zum einen an den nikotinischen und zum anderen an den muskarinischen Rezeptor. Nervenfasern, die Noradrenalin freisetzen, werden als adrenerge Fasern bezeichnet. Noradrenalin wird von den meisten sympathischen postganglionären Fasern freigesetzt und bindet an adrenerge Rezeptoren (alpha1, alpha2, beta1 und beta2). Daher bieten Synthese, Speicherung und Freisetzung des Neurotransmitters, sowie die Beendigung der Neurotransmitteraktivität und Rezeptoreffekte potentielle Angriffspunkte in der pharmakologischen Therapie.