Gewählte Publikation:
Rezar, R.
Einsatzindikation und diagnostische Treffsicherheit an Notarzthubschraubern in der Steiermark – eine retrospektive Studie
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2016. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Gemes Geza
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Heschl Stefan
- Altmetrics:
- Abstract:
- Hintergrund: Notarzthubschrauber stellen ein qualitativ hochwertiges und teures Rettungsmittel mit beschränkter Verfügbarkeit dar, weshalb ein ausgefeiltes System zur korrekten Disposition extrem wichtig ist. Diese retrospektive Beobachtungsstudie versucht festzustellen, in wie vielen Fällen die Einsätze des Grazer Rettungshubschraubers gerechtfertigt waren, beziehungsweise wie oft die Notfalldiagnose seitens des flugärztlichen Personals korrekt gestellt wurde.
Methoden: Notarzteinsatzprotokolle und elektronische Datenbankeinträge wurden analysiert und eine Datenbank generiert. Interhospitaltransfers, stornierte Einsätze und unvollständig dokumentierte Fälle wurden ausgeschlossen. Die gewonnenen Informationen wurden in einen Score eingespeist, der sich aus den Kategorien rettungstechnischer Aspekt, Priorität eines raschen Transfers in die Klinik und durchgeführte Maßnahmen am Notfallort zusammensetzt. Die Ergebnisse der Bewertung dienen zur Beurteilung ob ein Einsatz für den Hubschrauber indiziert war oder durch bodengebundene Rettungsmittel gelöst hätte werden können. Weiters wurde die vor Ort gestellte Notfalldiagnose mit der endgültigen Diagnose laut dem openMEDOCS-System verglichen und auf eine mögliche Unter- bzw. Übertriagierung geprüft.
Ergebnisse: Von 1. Juli 2014 bis 31. Juni 2015 wurden 1043 Fälle von gut dokumentierten Primäreinsätzen eingeschlossen. In 43,8% konnte der Vorteil einer Hubschrauberdisposition gegenüber einer Rettungsmission durch ein bodengebundenes Mittel nicht nachvollzogen werden (beispielsweise keine lebensbedrohliche Erkrankung oder Einsatz in unmittelbarer Nähe eines bodengebundenen Notarztstützpunktes). In den restlichen 56,2% war die Disposition des Rettungshubschraubers aus Autorensicht korrekt. Bei insgesamt 31,7% der Fälle zeigte sich ein deutlicher Vorteil durch die Verwendung eines Luftrettungsmittels. In die Bewertung der diagnostischen Treffsicherheit wurden 728 Fälle eingeschlossen. Die Notfalldiagnose wurde in 87,6 % richtig gestellt und in 5,1% unter- bzw. in 4,8% überbewertet. In 2,5% wurde eine falsche präklinische Diagnose festgestellt.
Schlussfolgerung: Obgleich ein retrospektives Studiendesign einige Limitationen aufweist zeigte sich dennoch, dass ein relativ großer Anteil der Rettungsmissionen wahrscheinlich auch ohne den Einsatz eines Notarzthubschraubers möglich gewesen wäre. Da Luftrettungsmittel eine teure und knappe Ressource der Notfallrettung darstellen, wären eine weitere Untersuchung der Erkenntnisse aus dieser Arbeit und die Etablierung eines Systems zur Qualitätskontrolle empfehlenswert. Die diagnostische Treffsicherheit des flugärztlichen Personals ist hoch, bei einigen internistischen Diagnosen sowie Thoraxtraumata konnten geringe Unregelmäßigkeiten in der korrekten Diagnosefindung beobachtet werden, wobei präklinische Notfallsonographie einen möglichen Lösungsansatz darstellt.