Gewählte Publikation:
Gruber, E.
Adrenalin-induzierte reverse Takotsubo-Kardiomyopathie
Fallbericht und Literaturrecherche einer sehr seltenen Diagnose
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2015. pp. 111
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Gasser Robert
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- Allgemeines: Takotsubo-Kardiomyopathie, auch Stress-Kardiomyopathie, apical ballooning syndrome, Broken-Heart-Syndrom, neurogenic myocardial stunning und Ampulla-Kardiomyopathie genannt, ist eine 1990 von Satoh et al. erstmals beschriebene Erkrankung, die nach einer japanischen Tintenfischfalle, einem bauchigen Gefäß mit schmalem Hals, dem der linke Ventrikel in der Systole dieser Erkrankung ähnelt, benannt wurde. Die Symptome dieser Erkrankung ähneln sehr stark jenen eines Myokardinfarktes, es handelt sich hierbei jedoch nur um eine vorrübergehende Funktionsstörung des linken Ventrikels ohne signifikante Koronararterienstenose, wobei die charakteristischen Wandbewegungsstörungen über das Versorgungsgebiet einer einzigen Koronararterie hinausgehen.
Die Prävalenz beträgt etwa 2% bis 3% aller PatientInnen mit akutem Koronarsyndrom, wobei in circa 78% bis 86% postmenopausale Frauen mit einem Durchschnittsalter von 60 bis 75 Jahren betroffen sind. Die Mortalitätsrate in der Akutphase beträgt etwa 1% bei einer durchschnittlichen Heilungsdauer von zwei bis drei Wochen.
Formen: Mittlerweile wurden zusätzlich zum klassischen apical ballooning syndrome mit Akinesie des Apex und Hyperkinesie der Basis mit dem charakteristischen Bild der Tintenfischfalle, auch mittventrikuläre, reverse, isolierte rechtsventrikuläre und biventrikuläre Formen beschrieben.
Pathophysiologie: Die Pathophysiologie ist nach wie vor nicht vollständig geklärt, jedoch scheinen direkte Adrenalin-induzierte Effekte auf Kardiomyozyten eine Rolle zu spielen. So kommt es bei Takotsubo-Kardiomyopathie zu erhöhten Katecholaminkonzentrationen im Blut, was in der Herzmuskulatur zu einem „stimulus trafficking“ führt, einem Umschwung vom normalen ß2-Adrenozeptor-Gs-Signalweg zum ß2-Gi-Signalweg. Dadurch kommt es zu einem negativ inotropen Effekt und damit zu einer Verminderung der Kontraktionskraft des Herzmuskels. Dies scheint ein Schutzmechanismus vor Apoptose der Kardiomyozyten sein.
Diagnostik und Therapie: Da die Symptome dieser Erkrankung jenen eines akuten Myokardinfarktes sehr ähnlich sind, wird meist eine Herzkatheter-untersuchung mit Ventrikulographie durchgeführt, wo sich dann unauffällige Koronargefäße und typische Wandbewegungsstörungen zeigen. Auch eine Echokardiographie kann Aufschluss über die Erkrankung geben. Des Weiteren sind die Herzfermente, vor allem Troponin und die Kreatin-Kinase vom Myokardtyp, erhöht.
Die Therapie ist rein symptomatisch und hämodynamisch unterstützend, da es keine kausale Behandlungsmöglichkeit gibt.
Fallbericht: Es wird der Fall einer 44-jährigen Patientin vorgestellt, die sich nach einer Adrenalingabe aufgrund einer anaphylaktischen Reaktion auf Xylanaest® nach zwei Tagen mit Symptomen eines Herzinfarktes, unauffälligen Koronararterien in der Herzkatheteruntersuchung und Wandbewegungsstörungen des linken Ventrikels im Sinne einer reversen Takotsubo-Kardiomyopathie präsentierte.
Conclusio: Takotsubo-Kardiomyopathie ist eine transiente Kardiomyopathie, die sich in unterschiedlichen Formen präsentiert und bei richtiger Diagnose und Therapie ausgezeichnete Heilungschancen hat. Das Wissen über diese Erkrankung, vor allem im Zusammenhang mit Adrenalingabe, kann den betroffenen PatientInnen viele unnötige Untersuchungen und Therapien ersparen und deren Prognose verbessern.