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Gewählte Publikation:

Lerchbaumer, M.
Versuche zur manuellen Zugabe von anti-infektiven Substanzen zu PMMA Zement in der späten Teigphase
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] ; 2015. pp. [OPEN ACCESS]
FullText

 

Autor*innen der Med Uni Graz:
Betreuer*innen:
Kittinger Clemens
Kühn Klaus-Dieter
Altmetrics:

Abstract:
Im Zuge einer zweizeitigen Revision ist die Verwendung von antibiotikahaltigen PMMA-Zementen zur lokalen prothetischen Infektionsbekämpfung eine gängige Art. Dabei sollte sowohl bei Spaceranwendung (Interimsprothesen) als auch zur Prothesenfixierung sichergestellt sein, dass eine hohe initiale Antitiotikafreisetzung aus PMMA erreicht wird mit einer weiteren hohen Freisetzung über mind. zwei Wochen postoperativ. Vancomycin dient bei der zunehmenden Zahl resistenter Keime oftmals als das Antibiotikum der Wahl, insbesondere bei MRSA Infekten. Neben dem bekannten Zumischen des Vancomycins zum PMMA-Pulver kann das Antibiotikum auch in der späten Teigphase nach Implantation des Implantats zur oberflächlichen Beschichtung des teigigen Zements eingesetzt werden. Am Beispiel von zwei Knochenzementen wird daher untersucht, welchen Einfluss das Vancomycin nach Zugabe in der späten Teigphase hinsichtlich Elution und mechanischer Stabilität hat. Damit wird eine neue lokale perioperative Alternative bei Revisionseingriffen getestet, um einen gezielten Erstschlag gegen MRSA bei Protheseninfekten zu erreichen. Als PMMA Zemente wurde der hochviskose Primärzement Palacos® R+G und der Revisionszement Copal® G+V als Referenz verwendet. Beiden Zementen wurde in der späten Teigphase Vancomycinpulver oberflächlich zugegeben. Das Vancomycinpulver wurde oberflächlich vorsichtig in den Teig gedrückt, um damit die in-vivo Situation unter Laborbedingungen zu simulieren. Genormte Formkörper aus „unbeschichteten“ und „beschichteten“ Zementen wurden hergestellt und untersucht. Als mechanische Prüfung wurde gemäß ISO 5833:2002 die Biegefestigkeit und das Biegemodul überprüft. Mikrobiologisch wurde die antiinfektive Wirksamkeit von mit Vancomycin beschichteten Palacos® R+G bzw. Copal® G+V im Vergleich zu den unbeschichteten mittels Bestimmung der Hemmhofdurchmesser gegen einen Staphylococcus aureus (St.aur.) und einen MRSA- Keim getestet. Die oberflächlich beschichteten Formkörper produzierten sowohl beim Palacos® R+G als auch beim Copal® G+V im Vergleich zur Referenz größere Hemmhofdurchmesser zu jedem Zeitpunkt innerhalb von 24 Stunden. In den Langzeitergebnissen über 42 Tage, welche mit dem Copal® G+V durchgeführt wurden, fiel der mittlere Hemmhofdurchmesser des beschichteten Knochenzementes unter die des unbeschichteten Kontrollzementes. Die Bruchtestungen des beschichteten Palacos® R+G ergaben eine Biegefestigkeit von 60,8 MPa und ein Biegemodul von 2089 MPa. Der beschichtete Copal® G+V mit zusätzlichen Vancomycin erreichte eine Biegefestigkeit von 56,8 MPa sowie ein Biegemodul von 2283. Die Differenz im Elutionsverhalten zeigte sich in der Wirksamkeit in den ersten Minuten. Stets waren größere Hemmhöfe zu beobachten als nach Stunde 24. Der beschichtete Copal® G+V erreichte wesentliche größere Hemmhöfe in den Anfangsminuten. Nach 24 Stunden wurde die Differenz zum unbeschichteten Knochenzement kleiner. Obgleich beide beschichteten Zemente die Mindestanforderungen der ISO-Norm 5833 von 50 MPa überragten, war eine signifikante Verringerung nach oberflächlicher Beschichtung mit Vancomycin sowohl des Biegemoduls als auch der Biegefestigkeit messbar. Die Reduktion der mechanischen Festigkeiten waren bei der Testgruppe des Palacos® R+G signifikant höher als bei der Testgruppe des Copal® G+V. Die Biegefestigkeit der Palacos® R+G Testgruppe verringerte sich um 16% und das Biegemodul um 26% gegenüber den Referenzwerten nach Dunne (2008). Bei der Testgruppe des Copal® G+V wurde die Biegefestigkeit um 11% reduziert, das Biegemodul um 18% gegenüber den Standardwerten (Endolab 2012 in Kühn 2014). Mit der richtigen Wahl des Antibiotikums und dessen Dosierung kann lokal eine erhöhte Freisetzung erzielt und trotzdem eine ausreichende Zementstabilität gewährleistet werden. Um physikalische Gegebenheiten einzubeziehen, müssen jedoch mehrere Versuche in vivo durchgeführt werden.

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