Gewählte Publikation:
Rosic, E.
Zahnärztlich-chirurgische Eingriffe bei Patienten mit Antikoagulationstherapie unter besonderer Bezugnahme auf die neuen oralen Antikoagulantien (NOAK)
Zahnmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2015. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Acham Stephan
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Cvirn Gerhard
- Altmetrics:
- Abstract:
- Hintergrund: Die Thrombosegefahr nimmt mit dem Lebensalter zu. Da die Lebenserwartung stetig ansteigt, müssen heutzutage immer mehr Menschen mit Antikoagulantien behandelt werden. Neben den klassischen Antikoagulantien wie Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und Heparinen stehen seit einigen Jahren auch neue, direkte, orale Antikoagulantien (NOAKs) zur Verfügung.
Zielsetzung: Zahnärzte/Zahnärztinnen stehen oft vor der schwierigen Aufgabe, an antikoagulierten PatientInnen zahnärztlich-chirurgische Eingriffe, verbunden mit Blutungsgefahr, durchführen zu müssen. Für die klassischen Antikoagulantien stehen alle notwendigen Gerinnungstests, Grenzwerte und Basismaßnahmen in Form des Grazer Gerinnungskonzepts zur Verfügung. Ziel der Diplomarbeit war es, die Vor- und Nachteile der NOAKs gegenüber den klassischen Anti-koagulantien herauszuarbeiten und das alte „Grazer Gerinnungskonzept“ um alle für die NOAKs geltenden Maßnahmen zu erweitern.
Material und Methodik: Die Literatur wurde mittels PubMed-Suche, Websites unterschiedlicher Gesellschaften, offizieller medizinischer Internetseiten, aus Büchern allgemeinmedizinischer und zahnmedizinischer Fachliteratur sowie aus Fachzeitschriften zusammengestellt.
Ergebnisse:
In allen vorliegenden Studien wird darauf hingewiesen, dass vor zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen eine gründliche Anamneseerhebung (z.B. das Vorhandensein von gerinnungsrelevanten Gerinnungsstörungen) von unumgänglicher Wichtigkeit ist. Allgemein gilt, dass es für zahnärztlich-chirurgische Eingriffe ohne nennenswertes Blutungsrisiko (z.B. unkomplizierte Zahnextraktionen) nicht notwendig ist, die Einnahme von NOAKs auszusetzen. Bei größeren chirurgischen Eingriffen ist die Antikoagulationstherapie mit NOAKs auszusetzen. Die Zeitpunkte der Absetzung vor dem Eingriff bzw. der Zeitpunkt des Wiederbeginns der NOAK-Therapie nach dem Eingriff einschließlich aller durchzuführenden Maßnahmen sind nun im „neuen Grazer Gerinnungskonzept“ aufgelistet. Nach dem zahnärztlich-chirurgischen Eingriff sind die Patienten auf mögliche auftretende (Nach)-Blutungen hin zu beobachten. Als Nachteile der Therapie mit NAOKs sind einerseits deren höhere Kosten im Vergleich zu VKA anzusehen, andererseits das Faktum, dass zur Zeit noch kein geeignetes Antidot zur Verfügung steht. Auch ist die Gefahr von gastrointestinalen Blutungen größer als bei den klassischen Antikoagulantien. Auch eine eventuell notwendige Kontrolle der antikoagulatorischen Wirksamkeit der NOAKs (Ecarin-Clotting-Time, Anti-Faktor-Xa-Aktivität) ist aufwendiger als die von VKA.
Schlussfolgerung:
Die im Rahmen dieser Diplomarbeit untersuchten Studien legen nahe, dass die NOAKs eine sehr gute Alternative zu den Vitamin-K-Antagonisten darstellen, die Zahl der intrakraniellen Blutungen ist unter NOAK-Therapie geringer als bei den klassischen Antikoagulantien. Die vorliegenden Studien zeigen, dass die NOAKs in Männern und Frauen gleich wirksam sind. Für unkomplizierte zahnärztlich-chirurgische Eingriffe muss die Einnahme von NOAKs nicht unterbrochen werden. Bei größeren chirurgischen Eingriffen ist unbedingt Rücksprache mit dem zuständigen Internisten zu halten. Zahnärzte/Zahnärztinnen müssen sich mit allen Maßnahmen vertraut machen, die im Falle einer auftretenden Blutung zu ergreifen sind.