Gewählte Publikation:
Fellinger, C.
NIRS-Monitoring bei HNO-Eingriffen in extremer Seitenlagerung des Kopfes
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2014. pp. 102
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Mausser Gerlinde
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Schwarz Gerhard
- Altmetrics:
- Abstract:
- HINTERGRUND: Operative Eingriffe am auditiven System werden zur optimalen Darstellung des Operationsfeldes in extremer Seitenlagerung des Schädels durchgeführt. Der Einfluss von Lagerungsmanövern auf die zerebrale regionale Sauerstoffsättigung (rSO2) im Rahmen der transkraniellen zerebralen Oxymetrie ist für die Neuro- und Karotischirurgie beschrieben. Zu möglichen Effekten einer extremen Seitenrotation des Schädels während otochirurgischer Eingriffe liegen bislang keine wissenschaftlichen Berichte vor. Diese Problemstellung liefert den inhaltlichen Schwerpunkt für die vorliegende Untersuchung.
METHODE: In die prospektive Beobachtungsstudie wurden 20 Patienten (11 männlich, 9 weiblich) im Alter zwischen 18-59 Jahren (mittleres Alter 35,9; SD +10,5), die sich einem elektiven Eingriff am Ohr (Tympanoplastik n=9, Myringoplastik n=4, Mastoidektomie =1, Stapesplastik n=3, Gehörgangsplastik n=3) unterziehen mussten, eingeschlossen. Um den Einfluss der Seitenlagerung (80°-90°) des Schädels auf die Balance des zerebralen Sauerstoffmetabolismus zu messen, wurde mittels Nah-Infrarot-Spektroskopie (INVOS® 5100C, Somanetics, Troy, MI, USA) die rSO2 zu definierten Messzeitpunkten vor, während (orthograde Schädelposition, nach Seiten- und Rücklagerung des Schädels) und nach Allgemeinanästhesie mittels frontal platzierter Optoden bilateral beurteilt.
Als Messzeitpunkte wurden zum einen der Ausgangszustand am wachen Patienten, die Situation nach den einzelnen Lagerungsmanövern in Allgemeinanästhesie, sowie der Zeitpunkt nach Narkoseausleitung am spontan atmenden Patienten gewählt.
STATISTIK: Die bihemisphäriell erhobenen Messwerte der regionalen zerebralen Sauerstoffsättigung wurden hinsichtlich der geschlechtsbezogenen Unterschiede mittels Kruskal-Wallis one-way analysis of variance on ranks sowie Dunn¿s method analysiert. Für die vergleichenden Untersuchungen zu den einzelnen Messzeitpunkten wurde one-way repeated measures ANOVA sowie die post-hoc Analyse nach Holm-Sidak verwendet. Die Signifikanzniveaus wurden jeweils mit p< 0.05 festgelegt.
ERGEBNIS: Beim Messwertvergleich der bilateral erhobenen, mittleren rSO2-Werte unter Allgemeinanästhesie lag zwischen dem Zeitpunkt der orthograden Schädelposition (rSO2: 77,3 ± 9,3) und der Phase nach extremer Seitenlagerung des Schädels (rSO2: 70,0 ± 9,1) ein statistisch signifikanter rSO2-Abfall (p=0,001) vor. Beim seitenbezogenen Vergleich der Lagerungseffekte erwiesen sich die ipsi- und kontralateral zur Operationsseite beobachteten rSO2-Abfälle als nicht signifikant. Bezogen auf die individuellen maximalen Messwertdifferenzen fand sich nach Seitenlagerung des Schädels ipsilateral zur Operationsseite bei einem Patienten ein rSO2-Abfall von über 20%; bei zwei Patienten lag der rSO2-Abfall zwischen 15% und 20% im Vergleich zur orthograden Lagerung unter gleichen Anästhesiebedingungen. Kontralateral zur Operationsseite zeigte sich zu selbigen Messzeitpunkten bei zwei Patienten ein rSO2-Abfall von über 20% und bei vier Patienten befand sich der rSO2-Abfall in einem Bereich zwischen 15% und 20%.
Postoperativ lagen bei keinem Patienten Störungen im Aufwachverhalten bzw. Hinweise auf neurologische Auffälligkeiten vor.
KONKLUSION: Die Arbeit zeigt, dass im Rahmen otochirurgischer Eingriffe auch bei Patienten ohne Hinweis auf neurovaskuläre bzw. andere neuropathologische Prozesse des Gehirns extreme Seitenlagerungen des Schädels sowohl ipsi- als auch kontralateral zur Seite des operativen Eingriffs zu einer signifikanten Abnahme der regionalen zerebralen Sauerstoffsättigung führen können. Weitere Untersuchungen an Patienten mit Begleit- bzw. Vorerkrankungen seitens hinversorgender Blutgefäße unter Berücksichtigung der Baselineproblematik sind erforderlich, um potenzielle Risiken für eine intraoperative, lagerungsassoziierte zerebrale Mangeloxygenierung zu evaluieren.