Selected Publication:
Dobusch, C.
Die Bestimmung der kieferorthopädischen Behandlungsnotwendigkeit von Studierenden der Medizin und Zahnmedizin mittels IOTN - eine retrospektive Studie
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2012. pp. 67
[OPEN ACCESS]
FullText
- Authors Med Uni Graz:
- Advisor:
-
Santigli Elisabeth
- Altmetrics:
- Abstract:
- Hintergrund: Das Wissen um die kieferorthopädische Behandlungsnotwendigkeit in der Bevölkerung gewinnt an zunehmender Bedeutung für eine ressourcenschonende Gesundheitspolitik. Epidemiologische Daten dienen der Steuerung von Ausbildungssystemen und bilden die Grundlage für eine bedarfsorientierte Budgetierung der Versorgung.
Ziel: In der vorliegenden Studie soll am Beispiel einer konkreten Bevölkerungsgruppe die kieferorthopädische Behandlungsnotwendigkeit für Studierende der Human- und Zahnmedizin untersucht werden.
Material und Methode: Die Bestimmung des kieferorthopädischen Behandlungsbedarfs erfolgte an 95 Studienmodellen von Studierenden der Human- und Zahnmedizin (48 weiblich, 47 männlich) unter Einsatz des Index of Orthodontic Treatment Need. Mit dieser weltweit eingesetzten Screening-Methode wird die kieferorthopädische Behandlungsnotwendigkeit in 5 Grade eingeteilt, wobei Grad 1 keinem und die Grade 4 und 5 einem dringlichen Behandlungsbedarf entsprechen. 6 objektive Kriterien der dentalen Gesundheit gemessen an Gipsmodellen (Dental Health Component, DHC) und die subjektive ästhetische Wahrnehmung (Aesthetic Component, AC) gemessen an intraoralen Fotos werden in eine quantifizierbare Wertung übergeführt. In der vorliegenden Arbeit wurde der Index dahingehend modifiziert, dass die Diplomandin die ästhetische Bewertung vornahm, welche für gewöhnlich durch die Patient/innen erfolgt.
Ergebnisse: Die Behandlungsnotwendigkeit aller untersuchten Studienmodelle beträgt auf der 5 stufigen Skala des IOTN einen mittleren Wert von 3 (SD +/- 1). Frauen und Studierende der Zahnmedizin zeigen entsprechend ihrer Medianwerte (2,5; SD +/ 1,06 bzw. 2,0; SD +/-1,06) weniger kieferorthopädischen Behandlungsbedarf. Die Unterschiede sind statistisch nicht signifikant. Die Verteilung zeigt hinsichtlich der zahngesundheitlichen Komponente eine absolute Behandlungsnotwendigkeit (Grad 4 oder 5) für 30,5% (n=29) der Studierenden und keinen Behandlungsbedarf für 7,4% (n=7). Aus ästhetischer Sicht der Untersucherin benötigen 9,5% (n=9) eine kieferorthopädische Therapie, für 69,5% (n=66) besteht kein Behandlungsbedarf und 21,1% (n=20) zeigen eine mäßige bis grenzwertige Notwendigkeit.
Diskussion: Die Auswertung zeigt eine absolute Behandlungsnotwendigkeit (Grad 4 und 5) für knapp ein Drittel der untersuchten Student/innengruppe und entspricht damit den Ergebnissen des Behandlungsbedarfs (Grad 4 und 5) von Erstsemestrigen der Universität an Peru (29,9%). Eine Untersuchung aus Leipzig und Halle zeigt ebenso wie hier einen geringen Behandlungsbedarf, Grad 2, als häufigsten Wert (38%). Da in der deutschen Studie Grad 3 und 4 zu mäßigem Bedarf zusammen gelegt wurden, während Grad 5 die absolute Indikation zur Therapie bedeutet. Vergleichsdaten aus Spanien und den USA liefern mit 19,2% beziehungsweise 17,2% einen deutlich niedrigeren kieferorthopädischen Behandlungsbedarf als die vorliegende Studie.
Weniger Behandlungsnotwendigkeit für Zahnmediziner/innen im Vergleich zu Studierenden der Humanmedizin könnte einerseits am grundsätzlich vorhandenen Interesse am Fach, andererseits am besseren Zugang zu den Ressourcen liegen.
Konklusion: Die vorliegende Untersuchung liefert erste epidemiologische Daten der kieferorthopädischen Behandlungsnotwendigkeit in Österreich.
Weitere bevölkerungsbezogene Daten zur Prävalenz von Malokklusionen sind wichtig, um a) den allgemeinen kieferorthopädischen Therapiebedarf abschätzen b) um eine Bedarfsplanung für die Ausbildung von Kieferorthopäde/innen durchführen und c) um die finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand gerecht verteilen zu können.