Gewählte Publikation:
Wurzinger, K.
Verschiebung der Nervenleitfähigkeit unter HBO
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2010. pp. 108
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Smolle-Juettner Freyja-Maria
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- Abstract:
- In den vergangenen 20 Jahren gewann der Tauchsport stark an Popularität. Im Laufe der Zeit wurden neben der Entwicklung modernerer Tauchgeräte wie offener Atemregler, halbgeschlossener und geschlossener Atemkreislaufgeräte auch unterschiedliche Atemgase mit erhöhtem Sauerstoffgehalt im Sporttauchen erprobt. Mit der Einführung von Standard-Nitrox-Gemischen konnte die Dauer der Nullzeit verlängert und aufgrund des niedrigeren Stickstoffgehalts die Gefahr eines Tiefenrausches minimiert werden.
Die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) ist in vielen Bereichen der Medizin eine etablierte, anerkannte Therapieform, im Zuge der Neurorehabilitation wird die HBO experimentell eingesetzt. Es mangelt jedoch an wissenschaftlich verwertbaren Berichten über die Auswirkung hyperbaren Sauerstoffes auf die Nervenleitfähigkeit. Die Auswirkungen erhöhter Sauerstoffpartialdrücke auf den menschlichen Organismus, wie sie unter Wasser oder bei HBO-Therapie auftreten, konnten bis zum heutigen Zeitpunkt nicht restlos geklärt werden.
In dieser Diplomarbeit werden Veränderungen definierter neurologischer Parameter unter Reinsauerstoff-Exposition bei hyperbaren Bedingungen im Vergleich zur hyperbaren Luftatmung erfasst und statistisch ausgewertet.
Die Untersuchungen erfolgten während Druckkammerfahrten an der Univ.-Klinik für Thorax- und Hyperbare Chirurgie am LKH Graz. Dabei wurden in 8 Tauchgängen zwei Gruppen von Probanden zuerst unter normobaren und anschließend unter hyperbaren Bedingungen, sowie nach Wiedererlangen der Oberfläche untersucht. Es wurden standardisierte Messungen der Nervenleitfähigkeit bei konstanter Hauttemperatur (34 +-0,5 °C) am N. medianus mittels Elektroneurographie durchgeführt und mittels spezieller Software gemessen und ausgewertet.
Es konnte in mehreren verschiedenen statistischen Tests eine signifikante Verkürzung der distalen motorischen Latenz unter Reinsauerstoffatmung festgestellt werden. Dies bedeutet eine steigende Übertragungsgeschwindigkeit an der motorischen Endplatte.
Für Muskelerkrankungen, welche durch Störungen der Nervenleitfähigkeit hervorgerufen werden, könnte dieser Effekt möglicherweise eine innovative und neue Therapieoption darstellen.
In diesem Zusammenhang ist anzustreben, dass die Einführung der Physiotherapie unter Überdruckbedingungen mit Reinsauerstoffatmung wissenschaftlich evaluiert und im Rahmen einer klinischen Studie wissenschaftlich überprüft wird, um Indikationen zur HBO-Therapie bei neuromuskulären Erkrankungen bzw. zur Rehabilitation stellen zu können.
Als Kontrollparameter konnte die F-Welle angesehen werden, da sich diese während des gesamten Versuchs nicht verändert hat.
Alle Parameter der Neurographie, ausgenommen die sensible distale Latenz in Position 1, welche jedoch mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 3,4 % behaftet ist, sind nach dem Tauchgang, unabhängig davon, ob Pressluft oder Reinsauerstoff geatmet wurde, wieder auf ihren Ausgangswert zurückgekehrt.
Somit konnte gezeigt werden, dass Sauerstoff die Nervenleitfähigkeit nur während der Überdruckbedingungen beeinflusst. Aus den gewonnen Erkenntnissen können daher auch für das Sporttauchen mit Stickstoff-Sauerstoffgemischen (Nitrox) keine über den Tauchgang hinausgehenden sauerstoffbedingten Wirkungen auf den menschlichen Organismus hinsichtlich der neurologischen Leitungsparameter postuliert werden.