Gewählte Publikation:
Matitz, C.
Therapieeffizienz von Erythromycin bei Gastroparesen nach herzchirurgischen Eingriffen
[ Diplomarbeit/Master Thesis ] Medical University of Graz; 2010. pp.63
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Fruhwald Sonja
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Kainz Johann
- Altmetrics:
- Abstract:
- HINTERGRUND: Mehr als 50% kritisch kranker Patienten einer Intensivstation entwickeln eine Störung der gastrointestinalen (GI) Motilität. Folge dieser Motilitätsstörung ist, dass die betroffenen Patienten unter anderem nicht adäquat enteral ernährt werden können. Darüber hinaus steigt die Gefahr für pulmonale Aspirationen, sowie die Gefahr einer Sepsis durch Störung der intestinalen Barrierefunktion mit konsekutiver bakterieller Translokation. Daraus resultiert eine deutlich erhöhte Morbidität und Mortalität. Erythromycin, ein Makrolidantibiotikum, wird als so genannte "off label" Therapie (außerhalb der Zulassung) bei schwerer Gastroparese eingesetzt. Gegenwärtig gibt es jedoch keine Daten wie oft Erythromycin in dieser Indikation eingesetzt wird und wie effektiv die Therapie bei postoperativen Patienten tatsächlich ist. METHODIK: In einer retrospektiven Studie wurden jene Patienten ermittelt, die in den Kalenderjahren 2007 und 2008 mindestens 4 Tage an der chirurgischen Herz-Transplant Intensivstation (HINT) des LKH Universitätsklinikums Graz stationär waren und an einer schweren Gastroparese (Restmengenproduktion über Magensonde >600ml/Tag) litten. Untersucht wurde die Wirkung von Erythromycin in Bezug auf die Restmengenreduktion, sowie mögliche Einflüsse parallel laufender Katecholamine bzw. einer Analgosedierung auf die Therapie mit dieser Substanz. Hierzu wurden die Restmengen an fünf aufeinander folgenden Tagen (Tag vor Beginn der Therapie mit Erythromycin, Therapietage (1-3) und erster posttherapeutischer Tag) ermittelt und eine mögliche Verringerung derselben unter Erythromycintherapie untersucht. Eine Restmengenreduktion von >70% des Ausgangswertes wurde als Therapieerfolg gewertet. Die Ergebnisse wurden mittels des Statistikprogramms "R" ausgewertet. RESULTATE: Innerhalb des Beobachtungszeitraumes lagen 628 Patienten länger als vier Tage auf der HINT. 142 Patienten waren unvollständig dokumentiert und mussten a priori aus der Studie ausgeschlossen werden. Von den übrigen 486 Patienten, litten 56 (12%) unter einer schweren Gastroparese. Bei 33 dieser Patienten kam Erythromycin zur Therapie der Gastroparese zum Einsatz. Die "Non-Responder" Rate (keine Restmengenreduktion über 70% vom Ausgangswert) lag nach dem ersten Therapietag bei 76% (n=25). Jedoch konnten nach dreitägiger Gabe von Erythromycin die Restmengen signifikant gesenkt werden (von 400 +/- 325 auf 150 +/- 280 ml/Tag; p<0,001***). Für die Ko-Medikation mit Propofol und Remifentanil konnte ein schlechteres Ansprechen der Therapie gezeigt werden. CONCLUSIO: Die vorliegende Studie zeigt, dass der Einsatz von Erythromycin als "Prokinetikum" die Restmengenproduktion zu senken vermag. Allerdings war eine Therapiedauer von 3 Tagen notwendig, um die gleichen Effekte zu erzielen, wie in anderen Studien nach einem Therapietag. Angesichts zunehmender bakterieller Resistenzentwicklungen, potentiell gefährlicher Nebenwirkungen des Medikaments, muss der Einsatz dieser Substanz jedoch wohl überlegt sein. Neue Studien sollten nicht nur die Nebenwirkungen besser abklären, sondern auch der Frage nach prophylaktischen Maßnahmen, zur Vermeidung der Gastroparese, mehr Gewicht schenken.