Gewählte Publikation:
Schuh, P.
Forensische versus Klinische Radiologie: Befundaufnahme, -interpretation und Dokumentation mittels CT aus gerichtsmedizinischer Sicht
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2009. pp.56
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Yen Kathrin
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- Abstract:
- Die gerichtsmedizinische Verletzungsbegutachtung lebender Personen bildet ein zentrales Thema des klinischen forensischen Aufgabenbereiches. Forensische Gutachten werden beispielsweise im Fall von (Kindes-)Misshandlungen, Vergewaltigungen oder traumatischen Ereignissen erstellt. Diese Gutachten werden in den meisten Fällen anhand äußerlich sichtbarer Verletzungen angefertigt. Nur selten kommen bildgebende Methoden wie CT, MRT oder Röntgen zur Diagnoseerweiterung zum Einsatz. Während gerichtsmedizinische Untersuchungen in den beiden erstgenannten Fällen meistens rasch nach dem Ereignis stattfinden, kommt es häufig vor, dass die forensische Begutachtung einer durch einen traumatischen Hergang verletzten Person oft erst Monate nach dem Geschehen angefordert wird. Gewöhnlich sind außer flüchtigen Hinweisen zum Unfallhergang und einer Bildgebung keine Informationen zum Geschehen in der Krankengeschichte dokumentiert. Kleinere Verletzungen wie Schürfwunden, Hämatome oder Schwellungen findet man selten in den Patientenunterlagen vor. Dies macht die gerichtsmedizinische Begutachtung schwierig, da Monate nach dem Ereignis meistens keine Wunden oder Hämatome mehr sichtbar sind. Hinweise auf das Geschehen können im Idealfall in Röntgen-, CT- oder MRT-Aufnahmen gefunden werden. Doch dazu müssen diese Bilder häufig erneut durchgesehen werden, da in radiologischen Befunden Hämatome meistens nicht aufgelistet sind. In dieser Studie versuchten wir, anhand klinischer CT-Daten und Informationen aus der Krankengeschichte zum Geschehen von 15 Polytraumapatient/innen den Unfallhergang zu rekonstruieren. Zusätzlich zu den CT-Standardprotokollen erfolgte eine Rückrechnung auf dünnere Schichten, um die Unterschiede hervorzuheben. Die Durchsicht der CT-Daten ergab, dass einige forensisch wichtige Verletzungen wie Läsionen des subkutanen Fettgewebes trotz ihrer Erkennbarkeit in den CT-Bildern klinisch nicht dokumentiert wurden. Des Weiteren stellte sich heraus, dass Weichteile der Schädeldecke oder Hüften sich häufig nicht im gescannten Bereich befanden, was eine Befundung dieser Regionen verhinderte. Auch das Fehlen der Extremitäten in den Aufnahmen schränkte die forensische Rekonstruktionsarbeit stark ein. Anhand der gelieferten CT-Daten der klinischen Radiologie ist es daher derzeit in einigen Fällen nicht möglich, konkrete Rückschlüsse auf den Hergang des Ereignisses zu ziehen. Um die Qualität der forensischen Verletzungsbegutachtung bei Lebenden zu erhöhen, wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen klinischen Fachärzten und Gerichtsmedizinern erstrebenswert.