Gewählte Publikation:
Friedl, J.
Aggression bei depressiven Erkrankungen
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2008. pp.86
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Bonelli Raphael
- Altmetrics:
- Abstract:
- Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema Aggression bei depressivem
Erkrankungen. Jeder Mensch hat eine Vorstellung von Aggression, jedoch bleibt ihre
Vielseitigkeit oft unerkannt. Diese zeigt sich in ihren Ursachen, Erscheinungsformen und
Konsequenzen. Bei Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen stellt Aggression ein nicht
zu unterschätzendes Problem dar. Für den Betroffenen und sein Umfeld kann dies sehr
belastend werden, da sowohl zwischenmenschliche als auch therapeutische Beziehungen
durch aggressives Verhalten negativ beeinflusst werden können. Das Ziel der Diplomarbeit
ist die Aggression in ihrer speziellen Erscheinungsform beim depressiven Patienten zu
zeigen, das Bewusstsein für die Verhaltensweisen des Betroffenen zu schärfen und ihre
Bedeutung im klinischen Setting zu unterstreichen. Der Fokus soll dabei auf den
zahlreichen Untergruppen der Aggression liegen, die es erst ermöglichen, ein
differenziertes Bild der menschlichen Aggression zu schaffen.
Zu diesem Zweck füllten 61 stationäre depressive Patienten selbstständig 4 standardisierte
Fragebögen zum Thema Aggression aus. Die so gesammelten Daten wurden entsprechend
ausgewertet und zeigten, dass depressive Patienten im Vergleich zur Norm weniger
körperliche Aggression, spontane Aggression und Offenheit zeigen. Die Untersuchten
gaben an, seltener Gefühle von Ärger zu verspüren sowie ihren aufkommenden Ärger
weniger oft kontrollieren zu müssen. Depressive Patienten zeigten jedoch eine wesentlich
stärkere Ausprägung von Misstrauen, Eifersucht und Hass sowie Selbstaggression im
Vergleich zur Norm. Außerdem konnte eine Erhöhung der aggressiven Erregbarkeit mit
gleichzeitig starker Aggressionsunterdrückung festgestellt werden. Um die Ergebnisse zu
festigen, wäre jedoch eine entsprechend größere Patientenzahl von Nöten.
Insgesamt zeigten Patienten mit Depression eine spezielle Art des aggressiven Verhaltens,
wodurch dies zu einem oft wenig beachteten Thema wird. Stellt man sich nun einen
Menschen mit depressiver Erkrankung vor, so liegt es nahe, dass man als Außenstehender
die einem scheinbar wohl bekannte Aggression nicht mehr in ihrer ursprünglichen Weise
erkennt oder mit ihr umgehen kann. Die offene Aggression rückt in den Hintergrund und
macht dabei der subjektiven Aggression des Betroffenen Platz. Um die emotionale
Situation sowie die sozialen Kontakte des depressiven Patienten zu verbessern, ist eine
genaue Exploration durch den behandelnden Arzt nötig.