Gewählte Publikation:
Rafling, C.
Sexualität und Partnerschaft bei depressiven Erkrankungen
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2008. pp.76
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
-
Bonelli Raphael
- Altmetrics:
- Abstract:
- Durch eine depressive Erkrankung erfahren sowohl Sexualität, Partnerschaft als auch das
Selbstbild in einer wechselseitigen Beziehung wesentliche Beeinträchtigungen, was dieser
Thematik in der psychiatrischen Praxis ein große Bedeutung gibt. Das Ziel dieser Arbeit ist,
Veränderungen in diesen Bereichen zu erfassen. 54 stationäre depressive Patienten, davon
15 mit erstmaliger und 39 mit rezidivierender Depression, wurden mittels standardisierter
Fragebögen, welche von den Patienten selbstständig ausgefüllt wurden, untersucht.
Die Hälfte der Patienten hatte in letzter Zeit keinen Geschlechtsverkehr, 38% berichteten von
Orgasmus- und Verlangensstörungen und 24% von Erregungsstörungen, was deutlich über
dem europäischen Durchschnitt liegt. Frauen waren im Vergleich zur Norm im gesamten sexuellen
Reaktionszyklus häufiger beeinträchtigt, unzufriedener mit der partnerschaftlichen
Einflussverteilung und hatten Schwierigkeiten mit der Expression ihrer eigenen Wünsche.
Bei beiden Geschlechtern zeigten sich signifikant häufigere Schwierigkeiten bei der Masturbation.
Auch in der Partnerschaft wiesen depressive Frauen vermehrtes Streitverhalten
auf, während Zufriedenheit und Gemeinsamkeit signifikant sinken. Letzteres war auch bei
Männern zu beobachten. Viele dieser Probleme dürften mit der bei Depressiven gefundenen
negativen Einstellung zum eigenen Körper in Zusammenhang stehen. Beim Vergleich
zwischen erstmalig und rezidivierend Depressiven zeigten sich keine signifikanten Unterschiede
in der Sexualität, was durch die Befragung in der Akutphase der Erkrankung bedingt
sein dürfte. In der Partnerschaft jedoch wurden Wünsche und Bedürfnisse bei rezidivierend
Depressiven im Vergleich zu solchen mit erstmaliger Manifestation der Erkrankung - wahrscheinlich
durch die Vertrautheit mit der Erkrankung - signifikant besser erfüllt.
Die Resultate beweisen die Wichtigkeit der Exploration von Sexualität und Partnerschaft
bei Depression und legen dem behandelnden Arzt nahe, diese Themen im Therapiekonzept
aufzugreifen.
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